Paris & die Loire
Zwei Touristenmagneten auf neuen Wegen
von Gabriele GugetzerVenedig wird im nächsten Jahr eine Eintrittsgebühr für Touristen einführen. Die Gegner argumentieren, dass eine Eintrittsgebühr als Freibrief gewertet würde, sich richtig danebenzubenehmen, immerhin hat man ja dafür gelöhnt. Paris hat die klügere Idee: Entzerrung. Die ist dringend nötig, jetzt stehen Touristen auch noch an jedem Spot Schlange, wo sich Emily in Paris geküsst oder Kuchen gemümmelt hat, nicht nur vor dem Musée d’Orsay oder dem Eiffelturm.
Dabei hat Paris ja so viel mehr zu bieten. Jeder, der sich mal einige Stunden hat treiben lassen in dieser Stadt, weiß das. Neues zu entdecken, darauf haben sich die Stadtoberen in einer neuen Image-Kampagne besonnen. Erfolgweisend ist das auch deshalb, weil Hoteliers und Restaurateure mit im Boot sind. Und Handwerker, die ebenso spannendes wie traditionelles Können präsentieren, vom Schildermaler bis zum Schindelklopfer.
Zwischen Marais und Saint-Ouen
Die schmalen Gassen, die zauberhaften Läden, die geschmackvollen Fassaden des Marais sind ja auch zu schön. Aber Touristen sind schnell überfordert. Wo stehen bleiben? Vielleicht bei Les Toits Parisiens. Hier wird gezeigt, wie die berühmten Schieferschindeln, die den Dächern von Paris einst ihre Unverwechselbarkeit verliehen, entstehen. Im Workshop kann man von Profis das Handwerk im Schnellverfahren lernen. Das Viertel Oberkampf liegt um die Ecke, ist eigentlich eher was für Pariser. Und die halten selbstverständlich, trotz der astronomischen Preise, bei Alain Ducasse. Seine Manufacture bietet in drei Läden Eiscreme, Schokoladen und Gebäck; produziert wird direkt vor Ort. Im anliegenden 12. Arrondissement, auch eher Parisern vorbehalten, haben sich unter dem Viadukt der Avenue Daumesnil junge Schnapsbrenner angesiedelt, destilliert wird auf klassische Weise, aber im Handtuchformat, so schmeckt sogar Pastis!
Der Schildermaler Vincent von Lettreur and Gold arbeitet auf Bestellung oder mit vorangehender Beratung. Er ist gelernter Designer, hat mehrere Jahre in Australien gelebt und für das Surferlabel Billabong gearbeitet. Nun hat er sich auf Traditionen besonnen. Einst hingen von Hand gemalte Aushängeschilder vor vielen Bars, Restaurants und Geschäften. Das kommt gerade wieder in Mode, weil es unverwechselbar ist. Und sehr wertig.
Einmal aufschlagen, bitte: Eiergerichte aus der Pariser Küche
Wer ihre Zubereitung beherrscht, kann dank des geringen Wareneinsatzes mit Eiergerichten richtig Geld verdienen. Das berühmte Oeuf L’Arpège ist hier nicht aufgeführt, das überlassen wir doch dem Meister.
Croque Madame:
Ein Croque Monsieur (gegrilltes Sandwich mit Schinken, Gruyère, Senf) mit einem Spiegelei. Auch in Top-Brasserien wie Le Deux Magots.
Oeuf cocotte:
Ei in einem Auflaufförmchen, das im Wasserbad gegart wird.
Oeuf mayonnaise:
Gibt’s sogar im Bistro Tour d’Argent. Selbst gemachte Mayo ist ein Muss, sonst schmeckt es wie eine deutsche Verlegenheitslösung.
Oeuf Mimosa:
Hart gekochte Eier werden über gegartes Gemüse (weißer oder grüner Spargel, Lauch) gerieben.
Oeuf meurette:
Ist ein pochiertes Ei in Burgundersauce mit Speck.
Oeuf parfait:
Bei Niedrigtemperatur gekochtes Ei. Pierre Gagnaire hat’s erfunden, die Japaner kennen es als Onsen-Ei, im Le Jourdain wird es mit Kichererbsencreme serviert.
Lifestyle wird hier großgeschrieben
Am Stadtrand, mit der Métro in knappen 20 Minuten zu regeln, haben Belleville und Saint-Ouen Potenzial. Hoteliers wissen das längst. Mit Weitblick auf Sacré-Coeur kann man auf der zimmereigenen Dachterrasse des neuen Hotels Saint-Ouen der Tribe Gruppe mit viel Platz – der in Pariser Hotels rarer ist als Goldstaub – lifestylig residieren und am Sonntagmorgen auf den weltberühmten Flohmarkt Saint-Ouen traben. Ebenso großzügig gestaltet ist das Hotel von Philippe Starck. Im MOB House Saint-Ouen, gleich gegenüber von diesem Flohmarkt, ist Platz für einen bestaunenswerten Außenpool und eine Bio-Kantine und lassen sich die Zimmer mit wenigen Handgriffen zu Büros umfunktionieren.