Feuer im Glas
Foto: iStockphoto

Feuer im Glas

Im Winter ist Hochprozentiges gefragt. Nicht nur auf dem Spirituosensektor, sondern auch die Biere werden wieder gehaltvoller.

von Clemens Kriegelstein
Dienstag, 05.11.2019
Artikel teilen: 

Gerade Weihnachten wird ja von Bier-Liebhabern nicht nur wegen der Geschenke herbeigesehnt, sondern wegen der Starkbiere, der Weihnachtsböcke, die ab November traditionell ausgeschenkt werden. Schließlich bricht ja Flüssiges bekanntlich das Fasten nicht, und mit besonders stark eingebrauten Bieren versuchten findige Mönche im Mittelalter, die vorweihnachtliche Fastenzeit, die der Advent ja strenggenommen ist, etwas erträglicher zu gestalten.

Warsteiner
Das Warsteiner
Weihnachtsbier will
weihnachtlichen
Biergenuss bieten
ohne den hohen
Alkoholgehalt eines
klassischen Bockbieres.
Foto: Warsteiner

Für die Gastronomie sind die winterlichen Saisonbiere jedenfalls durchaus ein lohnender Anlass, das Bierangebot mal wieder ein wenig zu erweitern. »Die Probierfreude steigt, und das eine oder andere Getränk mehr macht sich beim Kassensturz schnell bemerkbar. Um Saisonprodukte in der Gastronomie zu vermarkten und die Gäste auf diese jahreszeitlich verfügbaren Spezialitäten überhaupt erst aufmerksam zu machen, sind aktives Beraten und Verkaufen gefragt«, weiß etwa Birte Kleppien, Pressesprecherin der Radeberger Gruppe. Die prominente Platzierung von Werbemitteln wie Tischaufstellern oder Hinweise in der Getränkekarte seien bei saisonalen Spezialitäten durchaus Möglichkeiten, um Impulse zu setzen.

Besonders erfolgversprechend sind aber die persönlichen Empfehlungen der Gastronomen und ihres Servicepersonals. »50 Prozent der Gäste wissen beim Eintreten in eine Gastronomie noch nicht, was sie bestellen. Bier als absatzstärkstes Getränk zu empfehlen, kann daher auch Gewinn für den Gastronomen sein«, so die Expertin. Aus der eigenen Range empfiehlt sie etwa das Altenmünster Winterbier dunkel (5,5 % vol). Vollmundig, mit samtigen Karamell- und reifen Beerennoten, würde es ideal zu deftigen Schmorgerichten, aber auch zu würzigem Weichkäse oder nussigen Gebäckvariationen passen.

Maisels Schokoladen Bock Bier
»Marc’s Chocolate Bock«
nennt sich das dunkle
Irish Stout der Bayreuther
Brauerei Maisel und ist
deren Version eines
Weihnachtsbocks.
Foto: Brauerei Maisel

Schokoladiger Bock

Bei der Bayreuther Brauerei Maisel etwa wird man zu diesem Thema bei »Marc’s Chocolate Bock« fündig. Marc’s Chocolate Bock ist die zartbittere Version eines irischen Stouts, verstärkt durch den Einsatz einer Extraportion ausgewählter Gersten-, Spezial- und Aromamalze. Das Ergebnis ist mit 7,5 % vol. Alkohol kraftvoll, vielschichtig und ausgewogen. Aromen von geröstetem Malz verbinden sich mit einer karamelligen Süße. Der Geschmack ist für ein »Dunkles« in jedem Fall ungewöhnlich, und das, obwohl es innerhalb des Bayerischen Reinheitsgebots gebraut wurde.

 

 

 

 

Markers Mark
Foto: Robert Maybach

Am Wodka kommt keiner vorbei

Und was gibt es auf dem Spirituosenmarkt Neues? Die Konsumenten zeigen sich hier jedenfalls eher konser­vativ. In Deutschland ist Wodka laut Statista-Marktüberblick seit langem unangefochten der Liebling der Szene, gefolgt von Halbbitterlikören und Rum. Gin liegt dagegen trotz des Gin-Tonic-Hypes erst auf Rang neun der beliebtesten Spirituosen, gefolgt von Bourbon und Scotch.

In Österreich sind dagegen nach Auskunft von Benedikt Zacherl, Geschäftsführer des Getränkeimporteurs Top Spirit und verantwortlich für die Leitung des Gastro-Bereichs, Edel- und Obstbrände die wichtigste Kategorie, gleichauf mit Wodka, gefolgt von Likören und Kräuterspirituosen. Als Kategorientreiber sieht er Whisky, Bitter-aperitif und Gin. »Gin wächst seit Jahren kontinuierlich im hohen zweistelligen Prozentbereich und ist unverändert der größte Driver am Spirituosenmarkt. Whisk(e)y und Rum darf man aber auch nicht vergessen, hier im Speziellen die Premium-Produkte. Die sogenannten braunen Spirituosen wie Cognac oder Metaxa haben ihre treuen Anhänger, aber tun sich imagemäßig ein wenig schwer in der Wahrnehmung beim Konsumenten, was wirklich schade ist, denn gerade in diesem Segment gibt es Spezialitäten, die großartig sind«, so Zacherl.

Ein Abflauen des Gin-(Tonic-)Hypes kann Zacherl aktuell jedenfalls noch nicht erkennen, so wie für ihn auch kein Alternativ-Hype in Sicht ist. Zacherl: »Im viel geringeren Ausmaß kann man einen Trend bei Wermut und Mezcal erkennen, wenn man eine neue Spirituose aufzeigen möchte. Auch Whisky ist wieder stärker im Kommen.« Das Schöne für die Gastronomie beim Thema Gin, der sich in den letzten zehn Jahren im Absatz wert- wie mengenmäßig vervielfacht hat, ist jedenfalls, dass solche Trends fast immer über die Gastronomie kommen und daher nach wie vor über die Hälfte des Gin-Konsums in der Gastronomie passiert.

Flugbenzin
»Flüssige Rasierklingen«,
»Flugzeugbenzin« – klingt,
als ob sich westliche
Gaumen erst an den
Geschmack des
Moutai gewöhnen müssten.
Foto: Moutai

»Flugzeugbenzin«

Eine tatsächliche Neuheit am Spirituosensektor ist seit kurzem im deutschsprachigen Raum erhältlich: Kweichow Moutai, der prominenteste Vertreter der Baijiu-Kategorie, Chinas Nationalspirituose. Baijiu heißt dabei nichts anderes als »weißer Alkohol«. Kweichow Moutai wird ausschließlich im Südwesten Chinas in der Provinz Guizhou, in der namensgebenden Stadt Moutai (oder Maotai) produziert.

Rothirse, Weizen und das Wasser des Flusses Chishui werden fermentiert und vielfach gebrannt. Die anschließende Lagerung in Reifegruben sorgt neben den ungewöhnlichen Zutaten für den letzten Schliff des für europäische Gaumen völlig unbekannten Geschmacks. »Wir müssen für dieses Produkt offen sein und ein Verständnis entwickeln – Moutai und andere Baijius bilden in Sachen Geschmack und Herstellung eine Kategorie, die mit keiner europäischen oder amerikanischen Spirituose zu vergleichen ist«, betont Spirituosenexperte Jürgen Deibel aus Hannover.

Schon der damalige US-Präsident Richard Nixon soll bei einem Staatsbesuch in Peking, bei dem Moutai zum offiziellen Bankett gereicht wurde, von seinem Sicherheitsberater Henry Kissinger vor diesem »tödlichen Gebräu« gewarnt worden sein: »Moutai wird nur deshalb nicht als Flugzeugbenzin verwendet, weil es sich so leicht entzünden lässt.« Auch die damals mitgereisten US-Journalisten beschrieben den Schnaps angeblich wenig schmeichelhaft als »weißen Blitz« oder »flüssige Rasierklingen«. Der Geschmack soll an Wodka mit leichter Süße erinnern, dazu Getreide- und Fruchtaromen (vor allem Birne) mit einer kräftigen Schärfe sowie Bitterkeit. »Natürlich wissen wir, dass die Geschmacksnoten für den europäischen Gaumen noch recht ungewohnt sind. Ein Weg hin zum deutschen Moutai-Erlebnis sind darum Cocktails«, erläutert Wilson Lo, Direktor von Wisdom Express, dem autorisierten Moutai-Händler in Deutschland.

Glenfiddich
Ein Single Malt, der in
Champagnerfässern
gereift ist. Leider ist
diese »Limited Edition«
von Glenfiddich
tatsächlich sehr
limitiert. Foto: Glenfiddich 

Schottland trifft die Champagne

Deutlich zugänglicher gibt sich dagegen die jüngst präsentierte Limited Edition des Whisky-Spezialisten Glenfiddich namens »Grand Cru«. Das Besondere bei dieser Abfüllung: Nach seiner langen Reifung in amerikanischen und europäischen Eichenfässern erhält der 23 Jahre alte Blend noch ein Finish in Fässern, in denen davor Champagner gereift ist. Geschmacklich überzeugt dieser Grand Cru nach einer Nase aus Apfelblüten, frischem Brot oder kandierter Zitrone durch süßliche Aromen wie Vanille, Brioche oder Birnensorbet. Dabei leicht rauchig und sehr mild.

 

 

Jägermeister
Die meisten Spirituosen
haben von Haus aus
eine gewisse Schärfe.
Jägermeister setzt mit
seiner scharfen Variante
noch eins drauf.
Foto: Jägermeister

Ingwer wärmt von innen

Und weil Kräuterspirituosen ohnehin ein Dauerbrenner sind, hat sich Branchenprimus Jägermeister vor kurzem etwas Besonderes einfallen lassen und heizt den Konsumenten jetzt ein: »Jägermeister Scharf« nennt sich die neueste Variante des deutschen Familienunternehmens aus Wolfenbüttel in der Nähe von Braunschweig. Der ori­ginale Jägermeister hat fünf Haupt-Geschmacksnoten: scharf, bitter, süß, zitrus und würzig. Die Schärfe war damit schon immer Bestandteil der Original-Rezeptur, durch die Komplexität der 56 natürlichen Zutaten wird diese aber nicht vordergründig wahrgenommen. Bei prinzipiell unveränderten Zutaten gegenüber dem Klassiker wurde hier die Zitrus- und vor allem Ingwernote deutlich hervorgehoben, und das Ergebnis ist tatsächlich eine leicht scharfe-würzige Note, die gerade als Digestif gute Dienste leisten könnte.


 

Jutta Mittmaier
Foto: William Grant &
Sons Group

Nachgefragt: »Mixen, Shaken und exzellenter Service sind keine Frage des Geschlechts«

Der österreichische Spirituosen-Produzent »Puchheimer« lanciert dieses Jahr bereits zum zweiten Mal einen Barkeeperinnen-Wettbewerb namens »Mix it like a woman«. HOGAPAGE sprach dazu mit Marketing-Leiterin Jutta Mittermair.

Mixen Frauen tatsächlich anders als Männer? Ist der Zugang zu der Thematik ein anderer?
Mixen, Shaken und exzellenter Service sind keine Frage des Geschlechts – dies haben die Kandidatinnen der Puchheimer Barkeeperinnen Challenge bereits zum zweiten Mal hervorragend unter Beweis gestellt. Aber: Der Platz hinter dem Bartresen ist auch heute noch eine Männerdomäne – daher ist es uns ein besonderes Anliegen, die weiblichen Talente und ihre frischen Ideen bewusst vor den Vorhang zu holen.

Klassische Cocktail-Spirituosen sind Gin oder Wodka, Edelbrände findet man hingegen als Zutaten eher selten. Woran liegt das?
Wir denken, dass Edelbrände als Basis von Short- und Longdrinks noch nicht so stark im Bewusstsein der Barszene verankert sind. Und so war es ein weiteres erklärtes Ziel von »Mix it like a woman 2019«, zu zeigen, dass Edelbrände nicht nur pur im Stamperl, sondern auch als Cocktail-Spirituosen ein absoluter Genuss sind.

Artikel teilen:
Überzeugt? Dann holen Sie sich das HOGAPAGE Magazin nach Hause!