Spargel
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Frisch von Feld, Wald, Wiese

von Gabriele Gugetzer
Donnerstag, 07.03.2019
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Es ist noch nicht lange her, da wurde das Wildkräutersammeln ausschließlich in der Spitzengastronomie geschätzt. Mit der Ausbeute konnte der Salat variiert und der Teller frühlingsfrisch ausgarniert werden. Jetzt sind Wildkräuter überall, denn sie symbolisieren, was im Trend liegt: das Unverfälschte, die Geschmacksintensität, die Natürlichkeit und – immerhin hat ja nun jeder Supermarkt schon Koriandergrün zu bieten – das Unverwechselbare. Wildkräuterwanderungen werden in immer mehr Hotels angeboten, denn sie tragen mit wenig Aufwand effektiv zur Gästebindung bei. Die Gäste bewegen sich, sind in der freien Natur, lernen etwas und zahlen unterm Strich gerne für Insiderwissen. Dieses ist auch bitter nötig. Besorgte Toxikologen wie das Team um Daniela Acquarone an der Berliner Charité bemängeln die fehlenden Kenntnisse bei Wildsammlern. Ab Frühjahr stehen sie Schlange in der Notaufnahme. Blättchen von Maiglöckchen und Herbstzeitlose mit dem begehrten Bärlauch zu verwechseln, ist wohl der häufigste Anlass für einen Klinikbesuch. Apropos Bärlauch…

La Grande Nation und … Bärlauch?

Die französische Hotelgruppe Sofitel gehört zu den schicksten und teuersten der Welt. Das Hotel in Frankfurt kuschelt sich an die Oper und bietet auf der Rooftop-Terrasse einen grandiosen Mainhattan-Blick. Die Einrichtung ist ausgesucht und edel – der Gesamteindruck ist: teuer. Es gibt Gänsestopflebertorte und Austern aus der Normandie. Aber Küchenchef Lukas Sulik hat dem Haus einen besonderen kulinarischen Stempel aufgedrückt. Ihn beliefern einige kulinarische Leuchttürme aus der Region wie Dirk Ludwig und Siggi Ochsenschläger. Und deshalb kann er nicht nur seine Spargelkarte jährlich variieren, sondern auch bei diesem Wildkraut richtig punkten: dem Bärlauch. Suliks Gäste freuen sich jährlich auf eine neue kleine Karte und berappten 2018 beispielsweise für Pesto, Schaumsüppchen und Hollandaise richtig viele Taler.

Neben Bärlauch ist der gebürtige Österreicher noch ein weiteres Thema angegangen, das man selten mit der gehobenen Hotelgastronomie assoziiert: das Einlagern von Kartoffeln und Kohl. Dass er fünf Kartoffelsorten auf der Karte hat, schätzen die Gäste, während es für Sulik richtungsweisend für mehr Sortenvielfalt ist. Wie man mit Topinambur, wildem Brokkoli und Pastinake eine hochpreisige Speisekarte veredelt, zeigen seine saisonalen Menüs.

Suliks saisonale Bärlauchkarte
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Suliks saisonale Bärlauchkarte

  • Wildkräuter-Bärlauch-Salat mit getrockneten Tomaten, Oliven und Ziegenkäse
  • Bärlauchschaumsüppchen mit Räucherforelle
  • Tagliatelle mit Bärlauchpesto und gegrilltem Lachsfilet
  • Hühnchen vom Biometzger Ochsenschläger mit Bärlauch-Hollandaise und grünem Spargel
Mit Gemüse den Mittagstisch aufmischen
Foto: ThePicturePantry/Alanna Taylor-Tobin

Mit Gemüse den Mittagstisch aufmischen

Um die Ecke vom Sofitel kocht Katharina Bäcker im kleinen Beetroot täglich außer sonntags zwischen 11 Uhr und 18 Uhr eine pfiffige gemüseorientierte Küche in bewusst schlichtem Rahmen und zu erschwinglichen Preisen. Mittags kommt die Büroklientel zum vegetarisch/veganen Essen, auch deshalb, weil sie »nach der Mittagspause nicht ins Fresskoma fallen wollen«. Kräuter und Gemüse sättigen, aber eben nicht so energieraubend wie ein Steak. Mit einem neiderweckenden Anteil von 85 Prozent wissen ihre Stammgäste die kleine Karte zu schätzen. Salate mit Rohkost, mit Linsen, mit Hirse sind gesetzt und Kräuter ein Muss; im Frühjahr liebt sie Estragon, Dill, Minze, Petersilie. Rohen Blumenkohl würzt sie mit Schwarzkümmel und Orangenfilets, Möhrenrohkost bekommt mit Dill die Wende, Radieschen liebt sie, auf aktuelle Hypes wie Avocado oder Bowls verzichtet sie dafür.

Kommt das Comeback der Frankfurter Grünen Soße?
Im Beetroot wird sie auch zu Kartoffeln und Linsen serviert.

Noch größer aufgezogen hat das Gemüsethema die türkische Kette bona’me. An vier strategisch geschickten Innenstadt-Standorten hat sie sich erfolgreich positioniert und greift, obwohl bis Mitternacht geöffnet, schon sehr gerne den Mittagsmarkt ab. Die Gerichte sind größtenteils gemüsebasiert, unkompliziert, sättigend und orientalisch gewürzt – all das liegt im Trend. Das Vapiano-Konzept der einfachen Gerichte, die direkt vor dem Gast frisch zubereitet werden, wurde hier einleuchtend, aber mit mehr Charakter und Charme, weitergeführt. Denn Pide, Salate, Meze & Co. erfordern ähnlich wie Pasta keine Kochausbildung, sondern vorrangig ein Wissen um die richtige Handhabung von Teigen und Gewürzen.

Spargel aus dem kochZimmer: Mit Brokkolistiel, Brokkolicreme, Mandelmilch, Traubenkompott,
Taubnessel, Gundermann, Schafgarbe. »Der Spargel ist Geschmackskatalysator für den eigentlich verachteten Brokkolistiel.« (restaurant-kochzimmer.de)

Spargel – zwischen Klassik und vegan

Chefkoch Maximilian Moser vom Restaurant Aubergine im Hotel Vier Jahreszeiten Starnberg weiß, dass es die Gäste irgendwann bis zum ersten heimischen Spargel kaum mehr aushalten können. Trotzdem warnt der Einsterner vor minderwertigen Frühimporten: »Auf eine Woche kommt’s irgendwann auch nicht mehr an, aber auf Qualität und Preis-Leistung.« Klassiker stehen bei ihm immer auf der Karte; um eine selbst gemachte Hollandaise kommt er ebenso wenig herum wie um die Salzkartoffelbei­lage und das Schnitzel.

Spargel zwischen Klassik und vegan
Foto: fotolia.com: HLPhoto

Mosers Spargeltipps

  • Sous-vide ist super für Spargel; das gelingt auch Anfängern.
  • Spargel niemals geschält bestellen, nur so kann man die Frische erkennen. Schalen in Fonds und Suppen verwenden.
  • Beim Garen müssen die Spitzen aus dem Wasser ragen, sonst werden sie zu schnell weich.
  • Neben den Standards auch neue Aromen wagen, beispielsweise grünen Spargel als Beilage zu einem Rinderfilet mit Bitterschokolade-Chili-Kruste servieren oder ein weißes Spargelsüppchen sättigender machen mit in Panko ausgebratenen Kabeljau-Garnelen-Nocken.

Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.

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