Rosé Wein im Glas
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Nimm’s leicht!

von Clemens Kriegelstein
Mittwoch, 04.07.2018
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Strawberries, cherries and an angel’s kiss in spring. My summer wine is really made from all these things« – so sangen Nancy Sinatra und Lee Hazle­wood 1966. Die wussten schon damals, worauf es beim idealen Sommerwein ankommt: Leichtigkeit und etwas Frucht. Denn wenn die Temperatur an der 30-Grad-Marke kratzt und die Gäste um den letzten verbliebenen Tisch im Schatten kämpfen, dann haben viele Standardweine einen schweren Stand.

Intensive Aromabomben haben Sendepause

So gut Barrique-gelagerte Chardonnays, üppige Amarones oder marmeladige Rotwein-Cuvées aus der neuen Welt auch sein mögen: Intensive Aromabomben mit 14 oder mehr Prozent Alkohol haben unter solchen Bedingungen Sendepause. (Mal ganz abgesehen davon, dass die richtige Temperatur von Weinen im Hochsommer eine Wissenschaft für sich ist. Weiße Rebsorten (Siehe unten) lassen sich notfalls im Eiskübel oder mit Kühlmanschette frisch halten, aber bei Rotweinen ist die ideale Trinktemperatur pures Glücksspiel.)

Doch dem nach Erfrischung dürstenden Gast kann zum Glück auch weintechnisch geholfen werden. »Sommerwein« heißt das Zauberwort und steht in der Regel für spritzige, fruchtbetonte, aber vor allem leichte Weiß- und Roséweine, von denen man auch in der warmen Jahreszeit gern ein zweites Glas trinken kann. Weitere Merkmale typischer Sommerweine sind der oft wahrnehmbare Säuregehalt als notwendiger Gegenpol zur Fruchtsüße, der Ausbau im Stahltank (also kein großes Holzfass und schon gar kein Barrique) und die geringe Lagerfähigkeit. Vertikalverkostungen von Sommerweinen machen also eher keinen Sinn …

Cool-Climate-Weine

Fast alle österreichischen Weißweinsorten sind »sommerweintauglich«, so sie richtig ausgebaut werden, besonders aber klassische Grüne Veltliner, rassige Welsch­rieslinge, aromatische Sauvignon blancs oder fruchtige Gelbe Muskateller. Sie alle besitzen die Leichtigkeit und Frische für das perfekte Summer-Cool-down. Ein klassischer Sommerwein ist auch der steirische Schilcher, ein Roséwein, der aus der Rebsorte Blauer Wildbacher gekeltert wird. Herzhafte Säure sowie ein fruchtiges Geruchs- und Geschmacksbild kennzeichnen diesen robusten Wein, der auch als Aperitif beliebt ist. Wobei der Roséwein generell im Kommen ist, und das nicht nur als Easy-going-Sommerwein, sondern durchaus als ernst zu nehmender Speisenbegleiter.

Aber auch in Deutschland sind die Verhältnisse eigentlich ideal für sommerlich-frische Weine. Aufgrund des relativ kühlen Klimas haben die Trauben viel Zeit zu reifen und Aromen zu bilden. So erhalten die Weine am Ende bei vergleichsweise wenig Alkohol viel Geschmack und bieten ein angenehmes Wechselspiel von frischer Fruchtsäure und sortentypischer Aromatik. »Wer es gerne etwas kräftiger mag, dem sei ein Rosé oder sogar ein Rotwein empfohlen. Denn viele etwas leichtere rote Tropfen schmecken auch gekühlt exzellent«, empfiehlt etwa das Deutsche Weininstitut.

Trollinger aus Baden-Württemberg oder Portugieser aus der Pfalz oder Rheinhessen bereiten so auch im Sommer großes Vergnügen. Aber auch klassische Rotweinsorten aus Österreich, im Edelstahltank ausgebaut und leicht gekühlt serviert, sind empfehlenswert, etwa Zweigelt, Blaufränkisch, Merlot, St. Laurent oder Pinot noir.

Lieber zu kalt als zu warm servieren

Wichtiger Tipp für das Servieren von Sommerweinen: lieber etwas zu kalt als zu warm. Im Glas erwärmt sich der Wein ohnehin schnell um zwei bis drei Grad, daher darf er vorher schon etwas kühler sein als üblicherweise. Tipp von Sabine Bauer-Wolf, Weinakademikerin und Kommunikationsleiterin der Österreichischen Wein Marketing GmbH (ÖWM): »Generell sollten leichte, spritzige Weißweine sowie Schaumweine bei 6 – 8 °C serviert werden, mittelschwere bis kräftige Weißweine und Roséweine kommen bei 8 – 11 °C ins Glas. Die Serviertemperatur liegt etwa 2 °C über der Trinktemperatur.«

Sommerweine und Salat
Fotos: ÖWM/Faber, iStockphoto

Den Sommer im Glas schmecken

Selbstverständlich dienen spritzige Sommerweine nicht nur der Erfrischung und dem Trinkgenuss, sie eignen sich ebenso gut als Speisenbegleiter für die leichte, sommerliche Küche. Ob Salatvariationen oder Antipasti, Geflügel, Fisch oder zahlreiche Grillgerichte: Mit ihrer kernigen Struktur und knackigen Säure eignen sich Sommerweine ganz besonders gut als Genusspartner zur bekömmlich-unkomplizierten Sommerküche.

Wobei es gerade beim Thema Salat durchaus einige Regeln zu beachten gibt, wie man etwa bei der ÖWM weiß: »Klassisch-saure Salate wie Rindfleischsalat, Wurstsalat, Saure Wurst und & Co. erfordern vorsichtigen Umgang mit Essig, damit ein passender Weingenuss noch möglich ist. Wenn die Salate nicht zu sauer sind, sondern der Essig harmonisch eingebunden ist, ergänzt ein mittelkräftiger Weißburgunder den fleischigen Sommersalat perfekt.« Zu Grillgerichten wiederum kann man durchaus einen leicht gekühlten Blaufränkischen trinken. Die Kollegen vom Deutschen Weininstitut hingegen empfehlen als passende Begleitung zu den Röstaromen von Grillfleisch durchaus auch einen Weißwein mit leichter Restsüße.

In the summertime

Erfahrung mit dem Thema »Sommerwein« hat man etwa bei den Loisium-Hotels, zwei Weinhotels, von denen eines im Kamptal (Niederösterreich) und eines in der Nähe von Gamlitz (Südsteiermark) liegt – zwei der wichtigsten Weinregionen Österreichs. ­Loisium-Marketingleiterin Julia Polzer: »Wir haben pro Monat einen ›Winzer des Monats‹ gewählt – jeweils einen aus der Südsteiermark und einen aus dem Kamptal. Es gibt einige Winzer, die Sommerweine präsentieren, z. B. der Südsteirer Stefan Potzinger mit seinem legendären ›Summertime‹ oder auch der neue Rosé im Sortiment des Weinguts Johannes Wruss, der auch sehr gut als ›G’spritzter‹ schmeckt. Die Weinkarte wird grundsätzlich an unsere saisonalen Gerichte angepasst, und die Empfehlungen unserer Sommeliers richten sich danach.« Ein wenig aufpassen müsse man bei der Kalkulation, wo leichte Sommerweine natürlich nicht den gleichen Aufschlag zulassen wie gereifte Varianten. Grundsätzlich arbeite man in den Loisium-Hotels deshalb mit Mischkalkulationen.

Interessant seien nach Loisium-Erfahrungen gerade im Sommer jedenfalls auch Mixgetränke mit Wein: »Hier arbeiten wir viel mit frischen Früchten und Kräutern, aber auch Gemüsesorten wie Paprika, Sellerie oder Ingwer. Unsere Kreativköpfe im Service lassen sich da stets etwas Neues einfallen. Letztes Jahr beispielsweise hatten wir ein Special mit Schilcher – das Unternehmen hat sogar ein Rezeptheft für Drinks gemixt mit Schilcher veröffentlicht«, so Polzer.

»Man bringe den Spritzwein«

Und nicht nur weil Julia Polzer ihn eben erwähnt hat, wäre ein Artikel über Sommerweine natürlich unvollständig, ohne DAS österreichische Erfrischungsgetränk (und das Lieblingsgetränk von Wiens Ex-Bür­germeister, Michael »Man-bringe-den-Spritzwein«-Häupl) schlechthin zu erwähnen: den G’spritzten, in Deutschland bekannt als »Weinschorle«. Je zur Hälfte einen wirklich reschen, säurebetonten Weißwein (klassisch mit Grünem Veltliner) mit Soda- oder prickelndem Mineralwasser mischen, in manchen Szenelokalen gibt man neuerdings gerne eine Zitronenscheibe dazu. Im Hochsommer oder von Autofahrern wird das Ganze auch gerne als »Sommer-Spritzer« bestellt (1/8 Liter Wein auf 3/8 Liter Wasser). Vor allem letztere Variante ist bei hohen Temperaturen ein spritziger Durstlöscher, dessen Deckungsbeitrag manchen Gastronomen mit der Sonne um die Wette strahlen lässt.

Ein Glas Wein bleibt ungern allein

Gerade im Sommer lassen sich Weine nicht nur pur genießen, auch in Mixgetränken sind sie eine beliebte Zutat, die als Spirituosen-Alternative für hitzetaugliche Alkoholwerte sorgt. Das Weinschorle – bzw. der »G’spritzte« – wurde im Haupttext bereits erwähnt, und Bowlenrezepte gibt es ohnehin wie Sand am Meer.

Darum hier ein paar alternative Vorschläge:

  • Kir: 2 cl Crême de Cassis in einem Glas mit trockenem Weißwein (z. B. Weißburgunder) auffüllen. (In der Royal-Variante auch mit Champagner.)
  • Rosie: 4 cl Campari, 1 cl Orangenlikör, 8 cl Grapefruitsaft mit ein paar Eiswürfeln im Shaker kurz schütteln, in ein Longdrinkglas seihen und mit 5 cl Riesling oder trockenem Sekt auffüllen.
  • Cold Duck: Je zur Hälfte Rieslingwein und Rieslingsekt mischen, mit einem kleinen Stück Zitronenschale im Glas servieren.

Die wichtigsten sommerlichen Rebsorten im Überblick

Blauer Wildbacher:
Verwandt mit dem Blaufränkischen. Fast ausschließlich in der Steiermark vertreten und dort für die Schilcher-Erzeugung verwendet. Rassige Säure, fruchtiger Geruch und Geschmack.

Gelber Muskateller:
Eine der ältesten Weinsorten überhaupt. Idealer Aperitifwein. Zeichnet sich durch seine oft intensive Muskat-Aromatik aus.

Grüner Veltliner:
Mit Abstand die wichtigste Weinsorte in Österreich. In seiner sommerlichen Ver­sion ein säurebetonter Wein mit pfeffrigen oder auch fruchtigen Noten.

Riesling:
Auch »König der Weißweine« genannt. Bei jungen Weinen dominiert eine frische Fruchtigkeit, bei älteren Jahrgängen intensive Steinobstaromen.

Sauvignon blanc:
Shootingstar der letzten Jahre. »Grüne« und grasige Aromen, typisch auch Noten von Stachelbeere, Schwarzer ­Johannisbeere oder eingelegtem Paprika.

Scheurebe:
Wird vorwiegend in Deutschland angebaut. Sehr fruchtiges Aromenspektrum (Pfirsich, Mango, Birne), dazu eine kräf­tige Säure.

Welschriesling:
Weine mit hohem Säuregehalt und fruchtiger Aromatik nach Apfel oder Zitrusfrüchten. Eignet sich auch gut zur Herstellung von Sekt oder Süßweinen.
Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.

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