Fight Club
Foto: Lindner Hotel Group; FDP

Fight Club: Hilft die verlängerte Reduzierung der Mehrwertsteuer bis Ende 2022 der Branche wirklich? Oder müssen weitere Maßnahmen her?

von Daniela Müller
Donnerstag, 13.05.2021
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PRO

Otto Lindner
Foto: Lindner Hotels

»Die Reduzierung der Mehrwertsteuer ist richtig und wichtig. Das muss so bleiben!«

Die Mehrwertsteuersenkung für Speisen in Restaurants ist richtig, wichtig und Mut machend. Sie gibt Hoffnung in der schwersten Krise des Gastgewerbes der Nachkriegszeit. In einer Zeit, in der branchenweit Verzweiflung und Zukunftsängste wegen nicht ausreichender Hilfen und fehlender Öffnungsaussichten herrschen, schafft die Mehrwertsteuersenkung Perspektiven.

Otto Lindner leitet die familien­geführte Lindner Hotel Group.

Das Unternehmen betreibt in Europa mehr als 30 Hotels unter den Markennamen »Lindner Hotels & Resorts« sowie »me and all hotels«.

Denn wenn es wieder losgeht – und das wird es – trägt der reduzierte Satz mit dazu bei, dass die Betriebe wirtschaftlich gestärkt und damit Hunderttausende Arbeitsplätze gerettet werden können. In den Sommermonaten 2020 hat uns die steuerpolitische Maßnahme enorm geholfen und kann als Erfolg bezeichnet werden. Daher wäre es fahrlässig, diese Maßnahme nur befristet umzusetzen. Ganz im Gegenteil sollte der reduzierte Mehrwertsteuersatz auch auf Getränke ausgeweitet werden. Denn die von der Corona-Krise besonders hart getroffenen Bars, Kneipen, Clubs und Diskotheken profitieren aktuell nicht von der Mehrwertsteuersenkung.

Wir erwarten deutlich mehr Professionalität und Tempo beim Impfen

Otto Lindner
Leiter der Lindner Hotel Group

Solange es keine Öffnungsperspektive, damit verbunden keine Umsätze und Auswirkungen der Steuersenkung, gibt, müssen erst einmal die versprochenen Wirtschaftshilfen endlich bei allen Unternehmen ankommen und im Hinblick auf die dramatische Lage auch ausgebaut und verlängert werden. Zudem erwarten wir deutlich mehr Professionalität und Tempo beim Impfen und Testen.

Die Politik muss endlich liefern. Insbesondere erwarten wir, dass dann auch für das Gastgewerbe ein konkreter Fahrplan für die Wiedereröffnung vorgelegt wird. Denn Unternehmen, die die Krise nicht überleben, hilft auch keine dauerhafte Steuersenkung. Wir brauchen eine sofort wirkende Zukunftssicherung für unsere unglaublich arbeitsintensive Branche.


CONTRA

Till Mansmann
Foto: FDP

»Die negative Gewinnsteuer muss her!«

Seit 2020 ist er ordentliches Mitglied im Finanzausschuss und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent­wicklung.

Das deutsche Steuerwesen ist weiterhin nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Die Umsatzsteuer, Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelt und seitdem zu einer der wichtigsten Einnahmequellen des Landes geworden, zeigt zunehmend seine Schwächen: Wenn ein Gastronom den Milchgehalt einer Tasse Kaffee messen und sich die Frage stellen muss, wo der Konsument diesen Kaffee zu sich nimmt, um den richtigen Steuersatz feststellen zu können, offenbart das System sein Scheitern an der Realität.

Richtigerweise hat der Gesetzgeber die Umsatzsteuer befristet genutzt, um betroffene Branchen zu unterstützen. Krisen wie diese sollten Anlass dazu geben, bereits marode Systeme auf den Prüfstand zu stellen und aus den in der Krise gemachten Erfahrungen zu lernen, um für die Zukunft besser gerüstet zu sein.Die Coronakrise hat uns vor Augen geführt, wie wichtig die Gastronomie für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und für unsere freiheitliche Kultur ist.

Till Mansmann
Mitglied des Bundestags (FDP)

Seit 2020 ist er ordentliches Mitglied im Finanzausschuss und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent­wicklung. Er war bis zu seiner Wahl in den deutschen Bundestag Redakteur bei einem mittelständischen Fachverlag mit Spezialisierung auf das Thema Steuern.

Anstelle einer Verschlimmbesserung an einem in sich unzureichenden Umsatzsteuersystem erscheint es heute zielführend, Unternehmen, die gastronomische Leistungen bringen, unternehmerisch zu unterstützen. Freie Demokraten fordern daher die negative Gewinnsteuer: Im Krisenfall überweisen die Finanzämter, statt fällige Steuervorauszahlungen von den Konten der Unternehmen abzubuchen, eine negative Einkommens- bzw. Körperschaftsteuer als Liquiditätssoforthilfe. Als Bemessungsgrundlage dient der letzte Steuerbescheid (mögliche negative Gewinnsteuer z.B. 30 %, 70 % oder 100 % der letzten Steuerschuld – je nach Umsatzausfall), sodass eigentlich gesunde Unternehmen, die in der Vergangenheit eine entsprechende Steuerlast zu schultern hatten, von dieser Maßnahme sofort profitieren.

Die bestehende Infrastruktur der Finanzbehörden und ihr ohnehin umfangreiches Wissen über jeden einzelnen Betrieb wird so in der Krise genutzt, um die Finanzierung des Staates sicherzustellen. Gleichzeitig werden Unternehmen, die die Basis unseres Wohlstands bilden, unbürokratisch und schnell vor Krisenfolgen geschützt.

Sehr viele Probleme der freien Wirtschaft, die Corona nun aufgeworfen hat, wären erst gar nicht in diesem Umfang aufgetreten. Daraus muss der Gesetzgeber lernen. So könnte das deutsche Steuerwesen in einem unbürokratischen, digitalen, wertschöpfungsorientierten 21. Jahrhundert ankommen.

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