Recuiting Prozesse Optimieren
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Recruiting-Prozesse erfolgreich optimieren

Aktuelle Herausforderungen bei der Mitarbeitersuche

von Martina Kalus
Dienstag, 29.06.2021
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Die Suche nach neuen Mitarbeitern stellt Unternehmen vor immer mehr Herausforderungen. Der Fachkräftemangel ist hier bei weitem nicht mehr das einzige Problem. Insbesondere die Schnelligkeit des Arbeitsmarktes erschwert den Job von HR-Managern zusehends. Kaum ein Bewerber bringt noch die Geduld mit, einen mehrmonatigen Prozess zu durchlaufen, bis ein Arbeitsvertrag unterzeichnet wird. Zudem rückt die Work-Life-Balance zunehmend in den Vordergrund. Bewerber sehnen sich nach flexiblen Arbeitszeitmodellen, Weiterbildungsmöglichkeiten sowie persönlichen Entwicklungsperspektiven.

Was wünscht sich der Bewerber von heute?

Bewerber wünschen sich heutzutage einen Job mit Sinn und Verantwortung. Eine als sinnstiftend empfundene Arbeit vereint sich in den Zielen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die privaten Interessen sollen dabei mit den Anforderungen der Arbeitswelt in Einklang gebracht werden – auch bekannt unter dem Begriff »Work-Life-Balance«. Sich nur auf einen Bereich zu konzentrieren, würde bedeuten, die eigene Lebensqualität einzuschränken. Zusätzlich beschäftigten sich Arbeitnehmer mehr mit der Vision und Mission des möglichen Arbeitgebers als mit Umsatz- und Ergebniszahlen. »Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie persönliche und inhaltliche Entwicklungsperspektiven sind wichtiger als hierarchische Karriereleiter-Aussichten«, weiß Bernhard H. Reese, Geschäftsführer der Königsteiner Agentur. Und familiengerechte und flexible Arbeitszeitmodelle sowie konkrete Angebote des betrieblichen Gesundheitsmanagements haben heutzutage einen höheren Stellenwert als sonstige Wohlfühlfaktoren wie Obst und kostenloser Kaffee.

Balkendiagramm für Recruitingkanäle
Welche Rekrutierungskanäle nutzen Sie zur Gewinnung neuer Mitarbeiter?
Quelle: Hays; © Statista 2021

Wie sollte die Stellenanzeige aussehen?

Die Stellenanzeige bildet die Grundlage eines jeden Bewerbungsprozesses. Der Titel ist dabei das Erste, was Jobsuchende sehen. Dementsprechend entscheidet er darüber, ob die Stellenanzeige die richtigen Kandidaten erreicht und diese sich letztendlich für den Job bewerben. Andreas Herde, Geschäftsführer von YeaHR! empfiehlt deshalb, den Titel so aussagekräftig wie möglich zu formulieren: »Um die richtigen Mitarbeiter zu gewinnen, sollte ein Mix aus verschiedenen Sprachen, zum Beispiel Deutsch und Englisch, Berufsbezeichnungen die nur in unternehmenseigenen Sprachen vorkommen und Abkürzungen vermieden werden.« Für den Inhalt gilt folgender Aufbau: Wer sind wir? Wen suchen wir? Was erwarten wir? Was bieten wir? Wie kann man sich bewerben? Hierbei ist es wichtig, auf ein ausgewogenes Verhältnis von »Wir suchen« und »Wir bieten« zu achten. Oft erweckt eine Stellenanzeige den Eindruck, dass Unternehmen nur verlangen und nichts bieten. Auch die SEO spielt bei der Stellenanzeige und ihrer Sichtbarkeit im Netz eine große Rolle. Denn es sollten Worte benutzt werden, die von der jeweiligen Zielgruppe häufig gesucht werden.

Sitzgruppe beim Interview
Foto: iStockphoto

Bewerber brauchen schnelles Feedback

Sobald eine Bewerbung eingegangen ist, sollte der Jobsuchende stets über den aktuellen Stand informiert werden. Ein erster Schritt ist bereits, den Eingang einer Bewerbung per Mail zu bestätigen. Das nimmt die Verunsicherung einer Person, ob die Unterlagen tatsächlich angekommen sind. Jede Bewerbung sollte im besten Fall innerhalb eines Tag beantwortet werden. Der Bewerber investiert viel Zeit in eine Bewerbung und zeigt damit, dass er sich das jeweilige Unternehmen gut als Arbeitgeber vorstellen kann. Dieselbe Wertschätzung möchte auch er erfahren. Eine schnelle persönliche Reaktion und sei es nur eine Eingangsbestätigung, trägt bereits zur positiven Candidate Experience bei. Mit letzterem sind die Wahrnehmungen und Erfahrungen eines Bewerbers während des gesamten Bewerbungsprozesses gemeint. Im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern kann dieser Eindruck ausschlaggebend dafür sein, ob Sie den Kandidaten als Arbeitgeber überzeugen konnten, oder ob er sich aufgrund negativer Erlebnisse für einen Mitbewerber entscheidet. Hierfür eignen sich zum Beispiel auch automatisch generierte Antworten mit sogenannten Chatbots. Bernhard H. Reese erklärt: »Chatbots können bei der 24/7-Kommunikation mit potenziellen Kandidaten nützlich sein, zum Beispiel, wenn es darum geht, diese jederzeit durch den Bewerbungsprozess zu führen und dadurch Abbrecherzahlen zu reduzieren.« Ein gut entwickelter Chatbot kann auch beim Erstkontakt die Seitenverweildauer erhöhen, das Interesse der Seitenbesucher steigern und letztlich die Absprungquote reduzieren. »Für kleinere Unternehmen könnte Aufwand und Nutzen jedoch in keinem angemessenen Verhältnis stehen«, merkt Reese an.

Nicht in der Luft hängen lassen

Wer Bewerber warten lässt, der verliert. Negative Erfahrungen von Bewerbern im Rahmen des Recruiting-Prozesses können selbstverständlich ebenso viral gehen, wie positive. Deshalb sollte dem Interessenten immer die Wertschätzung für seine Mühen entgegengebracht werden. Außerdem sagt die Kommunikation während der Bewerbungsphase auch viel über die unternehmenseigene Kommunikation aus. Im besten Fall präsentieren sich Unternehmen hier bereits von einer guten Seite, um dem Bewerber zu signalisieren, dass er auch im Arbeitsalltag mit Wertschätzung und Respekt rechnen kann. Der gesamte Bewerbungsprozess – vom ersten Kontakt bis hin zur Unterschrift – sollte innerhalb von vier bis sechs Wochen abgeschlossen sein, sind sich die Experten einig. Denn gerade begehrte Kandidaten sind genauso schnell wieder weg vom Markt, wie sie gekommen sind. Auch zwischen Vertragsunterschrift und Arbeitsbeginn sollte nicht viel Zeit liegen, sonst springen potenzielle neue Mitarbeiter trotz Zusage zwischendrin wieder ab.

Puzzle
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Vorteile von digitalen Kanälen

Von der Karriere-Website über Online-Stellenbörsen bis hin zu Social Media: Bei der Jobsuche und im Recruiting kommt man an digitalen Kanälen nicht mehr vorbei. Der Vorteil dabei ist, dass die eigene Zielgruppe mit überschaubarem Budget sehr gut via Keywords, Region, Alter usw. eingegrenzt werden kann. Dadurch wird die Suche deutlich treffsicherer und erreicht die richtigen Kandidaten. »Digitale Kanäle ermöglichen es auch, sich im Thema Recruiting viel stärker an Kennzahlen zu orientieren. Unternehmen können z.B. messen, wie viele Bewerber ihre Stellenausschreibungen anklicken, was Social Media ihnen bringt oder wie viele Bewerbungen sie benötigen, um eine Stelle zu besetzen«, fügt Andreas Herde hinzu. »Auch die ›Time-to-hire‹, also die Zeit zwischen der Ausschreibung bis zur Vertragsunterschrift kann gemessen werden. Mit Zahlen im Rücken bekommt man ein viel besseres Verständnis dafür, was funktioniert und was nicht.«

Tipp:

Die Mitarbeiterempfehlung ist eine der erfolgsversprechenden Methoden im Recruiting. Das Konzept dabei ist zunächst einfach: Bereits vorhandene Mitarbeiter im Unternehmen empfehlen ihrem Arbeitgeber neue Kollegen, wenn eine Stelle frei wird. Im besten Fall kann dadurch schnell, kostengünstig und unkompliziert eine freie Stelle besetzt werden. Erwiesenermaßen passen Bewerber, die über bestehendes Personal angeworben wurden, besser zur Kultur, sind schneller eingearbeitet und bleiben länger.

Erleichterung durch Recruiting-Tools

Neben der Beratung durch Spezialisten von HR-Agenturen helfen auch Bewerbermanagement-Systeme dabei, Recruiting-Prozesse bestmöglich zu optimieren. Diese beinhalten beispielsweise die Erstellung einer Datenbank mit den Kandidaten, das Managen und die Veröffentlichung von Stellenanzeigen, die Verarbeitung von Bewerbungen, das Einladen und Ablehnen von Bewerbern sowie die Erstellung von Talentpools. Bernhard H. Reese, Geschäftsführer der Königsteiner Agentur, empfiehlt HR-Managern das Tool-Bündel in Betracht zu ziehen. »Angefangen von den Schnittstellen des eigenen Bewerbermanagement-Systems, das einen durchgängig digitalen Recruiting-Prozess ermöglicht, über die Auswahl der zur jeweiligen Vakanz passenden Jobportale, Social Media- und Search-basiertes Recruiting bis hin zu Programmatic Job Advertising oder der Nutzung von Karrierenetzwerken reduziert das Tool-Bündel die Time-to-hire und schont gleichzeitig Recruiting-Ressourcen und -Budgets.«

Lücken im Recruiting-Prozess

Der Trend zur mobilen Jobsuche wächst und wächst. Doch sobald der Bewerber eine interessante Stelle gefunden hat, kommt es in den meisten Fällen zum Medienbruch: Die Bewerbung wird zuhause am Laptop oder PC geschrieben und von dort aus versandt. Der Grund: Mobile Bewerbungsmöglichkeiten sind Mangelware. Viele Firmen setzen nach wie vor auf E-Mail oder Formularbewerbungen. Doch diese sind auf dem Smartphone nicht zu bewältigen. Schließlich setzen beide Bewerbungsformen den Upload der vollständigen Bewerbungsunterlagen voraus und verlangen nach wie vor das Formulieren eines Anschreibens. Auf einem kleinen Smartphone-Display ist das nicht zu machen. Daher sollten sich HR-Manager auf weitere Veränderungen in diesem Bereich einstellen.

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