Schöner wohnen
Fotos: Stock Resort

Schöner wohnen

Fitnessraum, Swimmingpool, Billardtisch – manche Mitarbeiterhäuser sind heute schon ähnlich gut ausgestattet wie die dazugehörigen Hotels

von Clemens Kriegelstein
Mittwoch, 18.03.2020
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Die Mitarbeitersuche gehört zu den größten Herausforderungen in der Hotellerie, vor allem die in kleinen Gemeinden oder überhaupt »auf der grünen Heide« gelegenen Ferienhotels sind damit konfrontiert. Und gerade für diese ergibt sich daraus ein weiteres Problem: Denn was mache ich mit einem potenziellen Mitarbeiter, dessen Hauptwohnsitz vielleicht Hunderte Kilometer entfernt liegt, was machen Kollegen, die über kein eigenes Auto verfügen, wenn nach der Spätschicht der letzte Postbus, die letzte Eisenbahn des Tages bereits abgefahren ist – so es solche überhaupt in Gehweite gibt.

Als Antwort darauf haben viele Betriebe schon vor Langem begonnen, eigene Mitarbeiterquartiere zu bauen, in denen diese kostengünstig entweder bei Bedarf nächtigen oder generell wohnen können. Das kann im Extremfall so weit gehen wie beim 5-Sterne-S-Hotel Trofana Royal in Ischgl (Tirol), das aktuell in der näheren Umgebung gleich fünf (!) Personalhäuser besitzt mit insgesamt mehr Betten als im eigentlichen Hotel.

Doch so wie mit der Zeit die Ansprüche der Gäste gewachsen sind, haben sich auch die der Mitarbeiter verändert. Da wurde als Mitarbeiterhaus gerne der alte Trakt verwendet, den man zahlenden Gästen nicht mehr zumuten wollte. Auch Doppelzimmer, die sich die Mitarbeiter teilen mussten (teilweise vielleicht noch mit Gemeinschaftsdusche und -WC am Gang), waren nichts Ungewöhnliches. Bedingungen, die heute die meisten Köche, Kellner, Zimmermädchen oder Rezeptionisten wohl abschrecken würden.

Mitarbeiter am Pool
Fotos: Stock Resort

Dachterrassenpool, Infrarotkabine, Sauna

Innovative Hoteliers haben daher in den letzten Jahren massiv in die Qualität und Ausstattung ihrer Mitarbeiterquartiere investiert und bieten in diesem Bereich heute bisweilen einen Standard, der jedem gehobenen Mittelklassehotel im Gästebereich gut zu Gesicht stehen würde. Wer etwa von Einzelzimmern und Wohnungen liest, alle mit Balkon oder Terrasse, Flatscreen-TV, Kochgelegenheit und kostenlosem WLAN, dazu noch Dachterrassenpool, Fitnessstudio, Infrarotkabine, Sauna, außerdem Billard- und Tischtennistisch sowie Skiraum oder (kostenpflichtiger) Tiefgarage, der wird in der Regel eher an die Beschreibung eines modernen Apartmenthauses denken als an eine Mitarbeiterunterkunft. Ist es aber! Und zwar residieren in dieser »Team-Lodge« die Mitarbeiter des Stock Resorts in Finkenberg/Tirol – kaum schlechter als die Gäste des dazugehörigen 5-Sterne-Hotels.

»2004 haben wir unser erstes Mitarbeiterhaus gebaut«, erklärt Romana Nill, HR-Verantwortliche im Stock Resort auf HOGAPAGE-Anfrage. Und nach diversen Modernisierungen steht die Team-Lodge heute ebenso da wie beschrieben. Das Angebot wird von den Mitarbeitern auch gerne angenommen, die Auslastung liegt im Schnitt nahezu bei 100 Prozent. »Für uns ist die Team-Lodge sehr wichtig, da die Mitarbeiter natürlich viel Wert auf ihre Unterkunft legen«, so Nill. Das sei bei der Mitarbeiterakquise definitiv ein Vorteil. Dazu gehört eben auch, dass jeder Mitarbeiter sein eigenes Zimmer hat – außer es handelt sich um Kollegen, die auch privat ein Paar sind. Alles andere sei nicht mehr zeitgemäß. Die Preise für die Zimmer betragen zwischen 60 und 85 Euro im Monat. Der Service des Hotels für seine Mitarbeiter geht dabei sogar so weit, dass Gemeinschaftsbereiche wie Fitnessraum oder Pool eigens von einer externen Firma instandgehalten werden, sich die Mitarbeiter nicht mal darum kümmern müssen. Eben tatsächlich wie in einer hochklassigen Apartmentanlage.

Doch im Stock Resort können die Mitarbeiter nicht nur schöner wohnen, sie können auch schöner fahren, und das noch dazu besonders umweltfreundlich. Im vergangenen Jahr hat man hier nämlich gleich 14 Elektroautos der Marke BMW i3 angeschafft, die seitdem den 14 langjährigsten Mitarbeitern auch zum Privatgebrauch kostenlos zur Verfügung stehen. Treue soll eben nicht nur innerhalb des Hauses belohnt werden.

Gemeinschaftsküche hat nicht funktioniert
Die »Team Lodge« des Stock Resorts in Finkenberg ist aktuell so
ziemlich das Nonplusultra unter den Mitarbeiterquartieren.
Fotos: Stock Resort

Gemeinschaftsküche hat nicht funktioniert

Ulrike Tischer führt das 4-Sterne-S-Hotel Elztalhotel in Winden im Elztal (Baden-Württemberg), und auch sie bietet ihren Mitarbeitern mit dem »Lindenhof«, rund 1,5 km vom Haupthaus entfernt, ein Personalquartier, bestehend aus 35 Wohneinheiten, durchwegs Singlewohnungen oder Einzelzimmer. »Die Zeit, dass sich normale Kollegen miteinander ein Zimmer teilen müssen, ist vorbei«, erklärt Tischer. Die Wohnungen bieten dazu eine Kochmöglichkeit. Wer in den Zimmern wohnt, muss sich im Hotel verpflegen lassen. Tischer: »Wir hatten auch mal eine Gemeinschaftsküche, aber das hat bei so vielen Leuten leider nicht funktioniert. Da fühlt sich keiner verantwortlich, und entsprechend hat sie dann auch ausgesehen.«

Wobei die modernen und gut ausgestatteten Wohneinheiten nicht die einzigen Benefits sind, die die Mitarbeiter des Elztalhotels in ihrer Freizeit genießen können. So gibt es im Hotel ein ganz neu eingerichtetes Mitarbeiter-Bistro, in dem die Mitarbeiter verpflegt werden, wobei das Essen das gleiche wie das der Gäste ist. Tischer: »Das haben bewusst unsere Kinder eingerichtet, damit es jung und modern ist. Zudem gibt es einen eigenen Loungebereich, in dem man in seiner Pause fernsehen oder einfach nur relaxen kann, außerdem planen wir derzeit gerade einen separaten Ruheraum zum Entspannen für die Mitarbeiter.«

Für Tischer ist das Personalquartier sehr wichtig, denn die Unterkunftsmöglichkeiten in dieser Region seien überschaubar. Zwar wäre mit Freiburg die nächste Stadt nur rund 25 Kilometer entfernt, aber die Wohnungen dort seien auch teuer. Ohne Personalhaus wäre es also deutlich schwieriger, Mitarbeiter zu finden. »Aber natürlich muss man das Wohnen dort auch mögen«, erklärt Tischer. »Das ist schließlich wie eine große WG. Der eine zieht dort ein, bis er was Besseres gefunden hat, wobei wir dann bei der Wohnungssuche auch gerne behilflich sind, und der andere fühlt sich wohl und bleibt da. Da sind die einzelnen Leute also ganz unterschiedlich.«

Finessraum zur freien Verfügung
Im Elztalhotel steht den Mitarbeitern ein eigenes Bistro (u.) zur
Verfügung, und auch die Benutzung des Fitnessraumes ist frei.
Foto: Elztal Hotel

Yogaraum und Fitnessstudio

Ebenfalls alles andere als eine »Absteige« ist das Mitarbeiterquartier im Alpenresort Schwarz in Mieming (ebenfalls Tirol). Das Kernstück des 2015 errichteten Teamhauses (davor wurden kreuz und quer in der Gegend verstreut einzelne Zimmer und Apartments angemietet), das rund 700 Meter vom Hotel entfernt liegt, bildet neben den 70 Wohneinheiten der Multifunktions- und Kommunikationsraum mit Lobby, Yogaraum, großer Schau- und Lernküche sowie integriertem Schulungsraum. Ergänzend zu den großzügigen Apartments mit knapp 30 m² sind einige Wohngemeinschaften mit separaten Zimmern und gemeinsamer Küche sowie zwei Zwei-Zimmer-Wohnungen entstanden. Ganz im Sinne der betrieblichen Gesundheitsförderung stehen den »Gastgebern« im Teamhaus Schwarz auch ein modernes Fitnessstudio und ein Fitnessraum für regelmäßig angebotene Bewegungseinheiten zur Verfügung.

Mitarbeiterkantine
Foto: Elztal Hotel

Besonders stolz ist Marketingleiterin Christina Oberwasserlechner auf die Aspekte Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit, die bei der Planung des neuen Teamhauses 2015 ganz oben auf der Agendaliste standen. Um diese Punkte bestmöglich umzusetzen, entschied sich Hoteliersfamilie Pirktl, das Gebäude als erstes zertifiziertes Personalhaus dieser Art nach moderner Passivhausbauweise zu errichten. Dazu gehören eine optimierte Wärmerückgewinnung und eine kontrollierte Komfort-Wohnraumlüftung. »Das Schwarz Teamhaus verfügt zudem über eine thermische Solaranlage, automatische Beschattungssysteme, energieeffiziente elektrische Geräte und Beleuchtungen im ganzen Haus sowie hydraulisch abgeglichene Netze, in einem ganzheitlichen, durchdachten Energiekonzept«, erklärt Oberwasserlechner.

Mitarbeiterwohnungen
Das Teamhaus im Alpenresort Schwarz ist modern und bietet auch
Beschäftigungsmöglichkeiten in der Freizeit. Fotos:
www.freiemedien.com/Stelzl Bernhard

Ein schönes Mitarbeiterhaus ist heute Grund­voraussetzung

Sabine Defrancesco ist die HR-Verantwortliche im Alpenresort Schwarz, und für sie ist ein modernes, gut ausgestattetes Mitarbeiterquartier auch ein wesentlicher Punkt bei der Personalsuche. Und so wie man heute auch beim Personalessen nicht mehr »das, was die Gäste übrig gelassen haben«, servieren könne, seien die Zeiten der billigen Absteigen auch vorbei. »Ein schönes Mitarbeiterhaus sticht ja heute eigentlich gar nicht mehr heraus«, so Defrancesco, »das wird einfach vorausgesetzt«. Und um sich Ärger unter den Mitarbeitern, wer wann für die Sauberkeit der Gemeinschaftsbereiche verantwortlich ist, zu ersparen, gibt es sogar eine eigene Arbeitskraft, die sich ausschließlich um diese Bereiche und bei Bedarf auch um die einzelnen Zimmer kümmert.

Mitarbeiterfreizeit
Fotos:
www.freiemedien.com/
Stelzl Bernhard

Zwischen 75 und 135 Euro/Monat liegen die Kosten für ein Zimmer bzw. Apartment im Teamhaus Schwarz, da sind dann aber eben Goodies wie Fitnessraum, unbegrenztes WLAN oder auch ein Tiefgaragenplatz dabei. Und die Nachfrage nach einer Wohnmöglichkeit im Teamhaus ist so groß, dass derzeit gerade erweitert werden muss.

Asse, die im Ärmel stecken bleiben

»Das schönste Mitarbeiterhaus nützt allerdings nichts, wenn die Leute, die man ansprechen will, nichts davon wissen«, meint etwa Martin Stanits von der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). »Da steht in der Anzeige drin › Küchenhilfe zum Mindest-KV gesucht‹, statt dass man dort schreibt, wie toll die Mitarbeiter untergebracht werden. Das sind Asse, die im Ärmel stecken bleiben bei der Mitarbeitersuche. Wenn ich in Wien in einer feuchten 1-Zimmer-Wohnung direkt an einer Durchzugsstraße wohne, dann kann eine helle, moderne Mitarbeiterwohnung durchaus ein Anreiz sein, mir einen Job in einer Tourismusregion in den Alpen zu suchen«, so Stanits. Schließlich gehöre auch in diesem Bereich Klappern zum Handwerk.

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