Weck den Schuhbeck in Dir
Fotos: picture alliance / dpa

Weck den Schuhbeck in dir!

Zusatzgeschäfte in der Gastronomie

von Sebastian Bütow
Sonntag, 04.09.2016
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Er betreibt neben Restaurants auch Partyservices, Shops mit Produkten wie Gewürzen, Weinen und vielem mehr. Sein Gesicht schmückt die Verpackungen. Er konzipiert Restaurant-Konzepte für andere und bekocht seit Jahren die Meisterkicker des FC Bayern München, seine Kochschule ist preisgekrönt.

Und all das ist nur eine knapp gehaltene Aufzählung der geschäftlichen Aktivitäten des Alfons Schuhbeck. Das aus Traunstein/Oberbayern stammende und vom Gourmetführer Gault & Millau einst als »Koch des Jahres« ausgezeichnete (Selbst-)Vermarktungsgenie war in den Siebzigern noch Pächter einer Kantine des Roten Kreuzes, arbeitete sich dann zum Meisterkoch und Spitzen­gastronom hoch.

Sandro Ciani
Der Frankfurter Gastronom Sandro Ciani
vertreibt nebenbei Küchenequipment,
das andere nicht zu bieten haben.
Foto: Eccolo / Sandro Ciani

Schuhbeck lässt kaum eine Gelegenheit aus

Keinen lukrativen Deal, der bei »drei« nicht auf dem Baum ist, lässt sich ein Alfons Schuhbeck durch die Lappen gehen. Sicherlich kann sich nicht jeder Gastronom in schuhbeckschen Sphären bewegen – aber sein Beispiel unterstreicht eindrucksvoll, was in der Gastronomie neben Bierausschenken und dem Servieren von Speisen möglich ist, um hier und da noch den einen oder anderen Euro mehr zu erwirtschaften. Die meisten Wirte konzentrieren sich sehr stark auf die Gäste, mit der Absicht, sie in ihr Gasthaus zu locken und sie dann mit Essen und Getränken zu bewirten. Alles schön und gut – aber dieses Geschäft versteht sich von selbst. Doch mit welchen Zusatzgeschäften können Gastronomen die Kassen klingeln ­lassen? Logisch, dass die Antworten auf diese Frage sehr individuell ausfallen.

Warum nicht die Bar auch tagsüber auslasten?

Der erfolgreiche Berliner Gastronom ­David Wiedemann war einst Barchef des legendären »Sage Clubs« – und hat sich gedacht: »Nachts verköstigen unsere Bartender die Gäste mit guten Drinks. Warum bieten wir unserem Publikum nicht mal einen Workshop in unserer Location an, bei dem sie lernen, wie sie unsere Drinks selbst professionell zubereiten?«

Was man verkauft, muss inhaltlich zum Konzept der Location passen!

Sandro Ciani,
Inhaber des Café Eccolo

Aus dem Zusatzgeschäft wurde ein Hauptgeschäft

Und so wurde die Bar auch tagsüber ausgelastet. »Angedacht waren die Workshops eigentlich nur für Laien und Stammgäste. Aber dann hat sich das Ganze relativ zügig professionalisiert.« Wiedemann und sein Team gründeten die erste Barschule der Hauptstadt. »Wir haben dann auch mit der Industrie- und Handelskammer kooperiert, um unsere Schulungen vernünftig zertifizieren zu können«, sagt Wiedemann.

Die Nachfrage wuchs weiter. »Später kam auch die Industrie auf uns zu.« Aus internen wurden auch externe Schulungen. Und es folgten viele Anfragen anderer Gastronomen, die sich bei Wiedemann Rat holen wollten – in Sachen Consulting, Strukturschaffung, Design oder bzgl. der Gestaltung ihrer Getränkekarten.

Koch und Händler – das geht ...

Dass der Frankfurter Gastronom Sandro Ciani mit seinem Lokal »Eccolo« auch für erfolgreiche Zusatzgeschäfte steht, lässt schon der Untertitel erahnen, den er seiner Location verpasst hat: »Eccolo – Sandros Kochladen und so«.

Hier verkauft der Halbitaliener auch Kochzubehör, das Café ist Showroom und zugleich Event-Location. »Ich hatte schon immer davon geträumt, mit speziellem Geschirr und Kochequipment aus Italien zu handeln«, so Ciani. »Vor vier Jahren habe ich mich als Berater für die Gastronomie selbstständig gemacht und bekam dann über einen meiner Kunden die Chance, Geschirr zu importieren. Was mich auf die Idee brachte, dies fortan auf eigene Kasse zu machen. Zumal mir das Verhandeln mit den italienischen Lieferanten natürlich leicht fiel.«

Handgebranntes Keramikgeschirr
Sandro Ciani verkauft u.a. handgebranntes Keramikgeschirr aus
Italien. Foto: Eccolo / Sandro Ciani

Ciani vertreibt Küchenequipment, das andere nicht zu bieten haben

Und seitdem, »auch ein bisschen durch Zufall«, hat sich Ciani auf Ware aus Italien spezialisiert: Keramikteller, zum Teil handgebrannt und handbemalt, sowie handgeschmiedete Messer und einiges mehr. »Ich vertreibe zeitgemäßere Ware als das meiste, das Gastronomen woanders angeboten bekommen. Ich glaube nicht, dass der Gast gerne von Tellern isst, die er auch zu ­Hause hat oder die er auch bei Ikea finden würde«, erklärt Ciani die große Nach­frage. »Ich beliefere Restaurants, die neu eröffnen, oder Großkunden, die auch ihre Standard-Küchenausstattung über mich beziehen.«

Ärgerlich, wenn einem die Ware ausgeht

»Worüber man sich bei diesen Verkaufsgeschichten als zusätzliche Einnahmequelle klar sein muss: Die Supply Chain (Materialfluss, d. Red.) sollte abgesichert sein. Es ist immer blöd, wenn man dem Endverbraucher etwas anbietet, und dann ist die Ware innerhalb von drei Wochen ausverkauft«, sagt er. Klar, bei erlesenen Manufakturprodukten, wie sie Ciani vertreibt, erhält man nicht per Knopfdruck mal eben beliebig viel Ware über Nacht nachgeliefert.

»Zum Startschuss war bei mir genug da – aber mit dem Nachschub gestaltete es sich nicht immer ganz so einfach«, so ­Ciani. Braucht ein Küchenchef dringend Pommes-Nachschub oder eine zusätzliche Kiste Bier, dann wird er das immer irgendwie bekommen – genau das klappt im Retail-Bereich nicht immer. Da muss man sich genau überlegen, wie viel Kapital man binden möchte, und auch, welche Lagerkapazitäten zur Verfügung stehen.«

Weinverkauf im Restaurant birgt auch Risiken

Eigentlich seien viele Restaurants prädestiniert für Zusatzgeschäfte, findet Ciani. »Sehr nahe liegt doch für Restaurantbetreiber der Verkauf von Weinen. Aber viele haben Angst, sich dadurch ihre eigenen Preise zu ruinieren. Man muss die Weine zum Mitnehmen natürlich komplett anders kalkulieren, sonst verliert man den Inhouse-Umsatz. Deshalb haben wir bei uns eine Preispolitik aufgestellt, die das Ganze etwas schützt. So kostet eine Flasche zum Mitnehmen sieben Euro weniger, als wenn diese bei uns getrunken wird.«

Kleines Mädchen beim Backen
Auch mit Kursen für die kleinen Gäste
lässt sich gut verdienen. Foto: 
fotolia.com: kolinko_tanya

»Man muss eine Story erzählen können!«

Liebäugelt ein Gastronom mit einer Erweiterung seines Tätigkeitsfelds, dann sei eines unabdingbar, so Ciani: die Kompatibilität mit seinem Basisgeschäft. Denn: »Sonst kann man keine Story erzählen. Was man verkauft, muss inhaltlich zum Konzept der Location passen!«  

Catering, Außer-Haus-­Verkauf, Veranstaltungen, Merchandising – all das sind naheliegende, klassische Zusatzverdienste. Jetzt werfen wir einen Blick auf sehr spezielle neue Einnahmequellen. Kann sicherlich nicht jeder nachmachen – inspirierend sind sie auf jeden Fall.

Zusatzgeschäft auf dem Wasser

Die Gäste des renommierten Hamburger Hotels Louis C. Jacob können Bankette und andere Feierlichkeiten seit diesem Jahr auch auf Elbe und Este veranstalten. Das Hotel legte sich eine eigene Barkasse zu: die MS Jacob. Neben Events auf dem Wasser bietet das Traditionshaus ab Frühjahr 2017 einen Shuttleservice direkt bis zum Anleger der Elbphilharmonie an, der neuen Attraktion der Hansestadt. Die hochwertige Ausstattung besticht mit 50er-Jahre-Design: Blau-weiße Akzente werden mit Stoffen in tiefem Braun und sanftem Grün sowie edlen Messingoberflächen kombiniert.
 

Mögliche Zusatzgeschäfte
für Gastronomen:

  • Catering
  • Lieferservice
  • Firmen- und Familienfeiern –
    inhouse oder auswärts
  • Kochseminare und Schulungen für diverse Bereiche: z. B. Cocktail-Kurse, Essmanieren-Kurse für Kinder, Kekse backen, Knigge-Kurse
  • Merchandising
  • Verkauf von Gastronomie- und Hotellerie-Equipment
  • Bei Restaurants mit ausländischer Küche: landestypische Lebensmittel, die nicht in jedem Supermarkt erhältlich sind

»Die Vision einer eigenen Barkasse schwelte schon lange in unseren Köpfen – kein Wunder bei unserer direkten Elb­lage«, so Jacob-Direktor Jost Deitmar. Das Schiff sei eine wunderbare Ergänzung des Bankettangebots mit einem hohen Sympathiefaktor und der Möglichkeit, Hamburg von seiner schönsten Seite zu erleben – direkt vom Wasser aus.

Kindern Essmanieren beibringen

Dass ihr Kind bei einer großen Feier mit feinen Essmanieren beeindruckt, davon träumen so einige Eltern. Die Schlossherrin des Hotels Schloss Hugenpoet in Essen-Kettwig, Baronin Stephanie von Fürstenberg, selbst Mutter von fünf Kindern, erkannte den Bedarf und bietet nun Kurse für kleine Gäste an.

»In unserem Benimmkurs lernen Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren auf spielerische Art und Weise, die Manieren am Tisch und in der Gesellschaft gekonnt einzusetzen. Von der richtigen und respektvollen Begrüßung über den Restaurantbesuch bis hin zum Eindecken eines Tisches und der Verabschiedung geben wir den Kindern einige ›Spielregeln‹ mit auf den Weg«, erklärt Marketing-Chefin Monika Uschkamp.

»Wir haben letztes Jahr zwei Kurse angeboten, die schnell ausgebucht waren. Dieses Jahr bieten wir zudem eine Kinderbäckerei und einen Kochkurs an«, so Uschkamp.

Zusatzgeschäfte: 5 grundlegende Fragen und Tipps

  1. Was sind meine Kernkompetenzen?
    Fragen Sie sich, was Sie besonders gut können. Wofür werden Sie von Ihren Gästen geschätzt? Denken Sie über ­Speisen und Getränke hinaus. In welchen Serviceleistungen sind Sie (und Ihr Team) besonders gut? Haben Sie in Ihrem gastronomischen Betrieb gute Standards aufgebaut, etwa in Sachen Personal oder Operations, dann können Sie andere Betriebe beraten und schulen. Ist Ihr Betrieb für gelungene Events bekannt, können Sie diese zum Beispiel auch als Partner von Firmen ausrichten.
  2. Gibt es Alleinstellungsmerkmale?
    Wenn Sie etwas zu bieten haben, das Sie einzigartig macht – wie genau lässt sich damit (noch mehr) Geld verdienen?
  3. Testen und systematisieren
    Gehen Sie nicht gleich ins Eingemachte, sondern verschaffen Sie sich mit Testläufen und Prototypen die Sicherheit, ob Ihre Pläne wirklich zu Ihnen und Ihrem Konzept passen. Und wenn es passt, brauchen Sie einen klar definierten Ablauf inklusive zuständiger Mitarbeiter, wie in Ihrem Tagesgeschäft.
  4. Strategisch vorgehen und Profis zurate ­ziehen
    Sobald Sie mehr als z. B. ein paar Dressings aus eigener Herstellung verkaufen, ist eine Strategie gefragt. Was nutzt dieses Zusatzgeschäft meiner Marke? Wie wird es zum eigenen »Profitcenter«? Hier empfiehlt sich eine professionelle betriebswirtschaftliche Beratung.
  5. Kerngeschäft im Auge behalten und nicht verzetteln
    Der Aufbau von Zusatzgeschäften macht nur dann wirklich Sinn, wenn das Kerngeschäft dadurch nicht in Gefahr gerät. Der renommierte Gastronomie-Berater und Fachbuchautor Jean-Georges Ploner sagt: »Das Hard Rock Café verkauft ›nebenbei‹ schöne T-Shirts und Jacken – aber das muss jemand einkaufen, lagern, inventarisieren. Jemand muss die Zeit haben, das auch zu verkaufen. Man glaubt ja immer, alles geht nebenbei – aber nichts geht nebenbei!«

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