Die kleinste 24 Stunden-Snackbar
Foto: Seeberger Professional

Die kleinste 24 Stunden-Snackbar

Selfservice nonstop: Verkaufsautomaten bieten einen Mehrwert, ergänzend zu Bar und Restaurant

von Michael Eichhammer
Dienstag, 12.07.2022
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Moderne Automaten haben wenig mit den Bahnhofs­geräten zu tun, an welche manch einer jetzt denken mag«, erklärt Raphael Steinberg, Geschäftsführer von Seeberger Professional. »Tendenziell gehen die Konsumenten bewusster mit dem Thema Snacken um. Viele beliebte Nuss- und Trockenfruchtklassiker haben wir speziell für den Vending-Bedarf neu verpackt.« Doch Vending geht noch weiter: In den Automaten im Foyer eines Hotels oder auf der Etage kann man nicht nur Chips, Limonade, Nüsse und Süßigkeiten anbieten, sondern auch ein kleines Champagner-Fläschchen oder frisch zubereitete, hochwertige Mahlzeiten. Letztere entweder aus der eigenen Küche oder von einem externen Lieferanten. Aber auch Non-Food-Artikel finden Platz: Produkte wie Zahnbürsten, Handtücher für den Wellnessbereich oder Merchandising-Artikel mit dem Hotel-Logo. 

Benjamin Kuhn, Geschäftsführer bei Easy Vending, nennt Kondome als skurrilste Artikel, mit denen Verkaufsautomaten befüllt werden. Lohnt sich ein Automat für jede Hotelsparte? »Ja, man bietet den Gästen zusätzlichen Service und aus Automaten wird immer etwas gezogen, das ist eine Win-win-Situation.« Zudem gebe es Automaten in unterschiedlichen Größen. Neben der Anzahl der Zimmer hält Kuhn auch die Hotelkategorie für relevant für die Wahl der passenden Automaten und deren Anzahl sowie Befüllung.

Erstes Automatenrestaurant
»Foodie Fridge« nennt sich das erste Automatenrestaurant in Wien. Schwerpunkt sind regionale Bioprodukte. Foto: Tabea Hepp

Gute Zeiten in Aussicht?

»Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Verpflegungslösungen aus dem Automaten wächst«, berichtet Sonja Klein vom Bundesverband der Deutschen Vending-Automatenwirtschaft (BDV e.V.). »Wir sehen einen Trend zu mehr Abwechslung im Vending: Qualität vor Quantität und hochwertige Produkte im Food-Segment.«

Noch etwas sorgt in der Branche für einen optimistischen Blick in die Zukunft, auch wenn der Anlass unangenehm ist: der Fachkräftemangel. »Die Zahl der Automaten wird zunehmen, weil Hotels damit den Personalmangel teilweise auffangen können«, ist Kamal Benougam, Global Director Marketing & Business Development bei Eversys, sicher. Automaten könnten etwa eine vollwertige Frühstücksverpflegung abbilden, ist man beim BDV überzeugt. Damit nicht genug: »Dort, wo es kein Restaurant gibt, kann ein Automat Zwischenmahlzeiten bieten – auch warme«, so Klein. 
Auch Holger Ballwanz, CEO von Flavura, blickt siegessicher in die Zukunft: »Der Markt steckt in Deutschland hinsichtlich Vending-Automaten noch in den Kinderschuhen, andere Länder sind wesentlich weiterentwickelt. International ist 24/7 gang und gäbe.« In einem voll automatisierten Boardinghouse ersetzen Automaten die komplette Gastronomie, in anderen Konzepten sei das Selbstbedienungsangebot eine Ergänzung. Wer im Vergleich zum Mitbewerber diesen Mehrwert bietet, punktet beim Gast. Zudem sei der Automat eine zusätzliche Einnahmequelle fürs Hotel.

Gäste schätzen es ihr Heißgetränk jederzeit selbst holen zu können
Gäste schätzen es, ihr Heißgetränk jederzeit selbst holen zu können.  Foto: Eversys

Siegeszug der Vollautomaten

Mit modernen Kaffeevollautomaten bekommen die Kunden ihren Kaffee wie beim Barista um die Ecke. Gäste schätzen den Vorteil, dass sie ihr Getränk jederzeit und in immer gleicher Qualität selbst holen können. Die Hotelbetreiber dagegen freuen sich, ihre Gäste verwöhnen zu können und Personalkosten zu sparen.

Die neue Maschinengeneration punktet mit intuitiven Interfaces, Frische und konstanter Qualität. »Entscheiden Sie sich für Kaffeevollautomaten mit Telemetrie, haben Sie den Vorteil, dass sämtliche Aktionen transparent sind«, erklärt Kamal Benougam. »Sie wissen, welches Getränk am liebsten gewählt wird, wann die nächste Wartung fällig und der Wasserfilter zu wechseln ist.«

Trend: bargeld- und kontaktlos

Die Kunden sind in der Pandemie auf den Geschmack gekommen, was bargeld- und kontaktloses Bezahlen angeht. Die Kredit- oder Debitkarte, das Smartphone oder die Smartwatch als Alternative zu Münzen und Scheinen spielt selbst im bisher bargeldverliebten Deutschland eine zunehmende Rolle. Das zeigt sich auch an den Verkaufsautomaten. Grundsätzlich sind alle erwähnten Bezahloptionen umsetzbar. Dazu kommt eine Abrechnung über die Zimmerkarte. Aber auch Chipkarten, Token und Coins werden angewandt. »Bargeldlose Bezahloptionen werden in Verbindung mit einer App-Bezahlung und zusätzlichen Benefits über Vorteilsprogramme von Hotels wichtiger«, ist Sonja Klein überzeugt. Holger Ballwanz kann sich gut vorstellen, dass auch Bitcoin die Zahlungsoptionen zukünftig ergänzen könnte. Ballwanz schwärmt zudem von Master-Slave-Einheiten. Hier steuert ein Master-Automat, der als einziger mit Zahlungsmodulen ausgestattet ist, weitere Automaten, die beliebig in Reihe geschalten werden.

Nachhaltigkeit automatisch?

Auch vor der Vending-Branche machen Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Ressourcenschonung nicht halt. Heißgetränke werden zu zwei Dritteln im kunden­eigenen Gefäß konsumiert. Heißgetränke-Automaten verfügen über einen Bechersensor, der mitgebrachte Becher erkennt. Wenn nur eine Einweglösung erwünscht oder möglich ist, werden zunehmend Papier- statt Plastikbecher eingesetzt. Rührstäbchen aus Holz ersetzen die aus Plastik. Auch die Produktauswahl wird nachhaltiger – vom Fairtrade-Kaffee bis zum Essen vom regionalen Biohof.  

Zudem sind moderne Verkaufsautomaten auf Energie-Effizienz ausgelegt. Stand-by-Betrieb bei Heiß- und Kaltgetränkeautomaten, eine energiesparende Nachtabsenkung, effiziente Isolationstechnik oder das Ein- und Ausschalten per Bewegungsmelder sparen Strom und Geld. Künstliche Intelligenz (KI) bei Foodji-Automaten steuert sogar die Verkaufspreise automatisch: Verkaufen sich Produkte nicht, steuert die KI das Pricing und der Produktpreis wird selbstständig angepasst. Das triggert den Verkauf an und reduziert Lebensmittelverschwendung.

Telemetrie heißt das Zauberwort

Ein überdimensioniertes Vending-Angebot ist genauso ungeschickt wie ein zu kleines. Das Hotel sollte den genauen Bedarf, Menge und Art der bevorzugten Produkte kennen. Um zu wissen, was die Gäste wirklich wollen, empfehlen sich Automaten, die mit Telemetrie arbeiten. »Damit hat der Hotelier transparent auf einen Blick, welche Angebote häufig genutzt sind, und kann sein Sortiment anpassen«, erklärt Kamal Benougam von Eversys. 

Snackautomat im Hotel
Weder zu viel noch zu wenig Angebot –
ein Hotel sollte den genauen Bedarf im
Haus kennen, um Gäste zufrieden zu
stellen. Foto: Flavura

Von Telemetrie schwärmt auch Benjamin Kuhn von Easy Vending. Das Upgrade kostet zwar extra, doch es lohnt sich: »Der Rezeptionist kann in Echtzeit an seinem PC schauen, in welchem Automat an welcher Stelle etwas fehlt.« In einem fünfstöckigen Hotel könne man so viele Laufwege sparen. Auch lassen sich Schwellenwerte hinter­legen, sodass eine automatische ­Nachricht an das zuständige Personal kommt, wenn ein Fach leer ist. »Wir wollen keine Bar in einem Hotel, sondern die Minibar im Zimmer ersetzen«, erklärt Kuhn. Dass die klassische Minibar in seinen Augen ausgedient hat, dafür sprechen vor allem die laufenden Kosten: »Bei 120 Zimmern sind das 120 kleine Kühlschränke, die Strom kosten.« Bei steigenden Energiepreisen sei es wirtschaftlicher, pro Etage einen Automaten aufzustellen.

Referenzobjekt: Gambino Hotels

Die Münchner Gambino Hotels bieten ihren Gästen ein reines Übernachtungskonzept an, ohne Restaurants und Bar. Vending wird hier großgeschrieben: In den Lobbys gibt es Kaffeevollautomaten. Auch kulinarisch setzt man auf Automaten. »Die Produkte folgen dem aktuellen Food-Trend, sind frisch, lokal, gesund und spannend. Die Gerichte sind modern, international und auch vegan oder vege­tarisch. Snacks sind bio und Getränke kommen, wenn möglich, von lokalen Anbietern«, erklärt Sabrina Gambino, die mit Foodji zusammenarbeitet.

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