Personalmangel

Nur jeder sechste Ausbildungsplatz besetzt

An der Mecklenburgischen Seenplatte konnte in der Gastronomie nur jede sechste Ausbildungsstelle besetzt werden. (Foto: highwaystarz/fotolia)
An der Mecklenburgischen Seenplatte konnte in der Gastronomie nur jede sechste Ausbildungsstelle besetzt werden. (Foto: highwaystarz/fotolia)
Nachwuchs bedeutet Zukunft. Auch in der Wirtschaft und im Dienstleistungssektor. Das Hotel- und Gaststättengewerbe kann demnach nicht allzu weit in die Zukunft sehen. Während die Situation in den großen Städten bereits schwierig ist, ist sie in ländlichen Regionen teilweise katastrophal.
Donnerstag, 16.11.2017, 11:31 Uhr, Autor: Markus Jergler

Die Mecklenburgische Seenplatte dürfte bundesweit eines der am schlimmsten vom Nachwuchsmangel betroffenen Gebiete sein. Die Gastronomie in der Gegend bekommt die Auswirkungen der freibleibenden Ausbildungsplätze heftig zu spüren. „Von 615 Ausbildungsstellen konnten nur 93 besetzt werden, also jede sechste Stelle“, wird der Leiter der Arbeitsagentur Neubrandenburg, Thomas Besse auf faz.net zitiert. Obwohl die Branche zu den größten Arbeitgebern des Bundeslandes zählt, konnte insgesamt nur ein Drittel der Ausbildungsstellen mit Lehrlingen besetzt werden.

Schlechte Rahmenbedingungen
Von ungünstigen Ausbildungsbedingungen wie schlechter Bezahlung und langen Schichten, auch am Wochenende, hat man bereits oft gehört. An der Mecklenburgischen Seenplatte kommen noch erschwerend hinzu, dass die Gegend generell nur äußerst dünn besiedelt ist. Der Weg in die Berufsschulen ist weit und aufwendig und das duale Ausbildungssystem überholt. Das bestätigt auch Alexander Borchard, Hotelier mit 44 Angestellten, der FAZ: „Die duale Ausbildung über drei Jahre ist in unserer Branche nicht mehr zeitgemäß.“

Neben dem schlechten Image der Branche und den unattraktiven Bedingungen rund um eine gastronomische Ausbildung, sorgt auch der Trend hin zur Akademisierung dafür, dass Lehrstellen unbesetzt bleiben. Junge Leute wollen nach der Schule lieber an der Universität studieren, als eine berufliche Ausbildung zu absolvieren.

Zuwanderung hilft 
Ohne Flüchtlinge und reguläre Zuwanderer wäre die Situation noch schlimmer, als sie ohnehin schon ist. Auch Borchard beschäftigt in seinem Hotel drei Zuwanderer. „Das ist für uns eine echte Bereicherung“, sagt er gegenüber der FAZ. Ohne sie ginge es nicht. Seit bereits drei Jahren würde er nur noch mit festen Angestellten arbeiten und keine Saisonkräfte mehr beschäftigen. „Das Risiko, dass die Guten nach der Saison weg sind, ist zu groß.“

Flüchtlinge könnten nach Angabe des Dehoga Mecklenburg Vorpommern aber nur in Einzelfällen dazu beitragen, den Personalmangel zu lösen. Wirkliche Verbesserungen können nur mit einer Überarbeitung des Ausbildungssystems und verbesserten Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Doch es ist nicht alle schlecht. Für Thomas Besse gibt es auch ein paar Lichtblicke. So gäbe es, hervorgerufen durch die zahlreichen Koch-Shows im TV, mittlerweile ein größeres Interesse am Berufsbild Koch. Wenn die Ausbildung verkürzt, intensiviert und attraktiver gestaltet würde, gäbe es gerade in Gastronomie hervorragende Möglichkeiten, direkt im Anschluss im Ausland oder beispielsweise auf einem Kreuzfahrtschiff zu arbeiten. Dinge, die bei jungen Menschen sehr gefragt sind. (faz.net/MJ)

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