Reportage

Was Köche und Kellner beim EU-Dinner leisten müssen

Eine runde Speisetafel mit Staatschefs
Zwei ganze Tage dauert es, bis die große Dinnertafel für die EU-Chefs eingedeckt ist. (© picture alliance/APA/picturedesk.com)
Warum Spaghetti, Kaviar und Eis für die Staatschefs tabu sind? Der Chefkoordinator des großen EU-Galadinners verrät, was die Köche und Kellner hinter den Kulissen alles beachten und leisten müssen.
Mittwoch, 20.03.2019, 15:39 Uhr, Autor:Thomas Hack

Es wird vielleicht der letzte reguläre EU-Gipfel, bei dem alle 28 Staats- und Regierungschefs gemeinsam beim Abendessen sitzen. Schon bald könnte der Platz der britischen Premierministerin Theresa May an der Brüsseler Tafel leer bleiben – wenn nicht doch noch alles anders ausgeht. Aber Jaroslaw Zaczykiewicz wird es nehmen, wie es kommt. Seit über zwei Jahren ist der gebürtige Pole als Chefkoordinator dafür zuständig, dass beim Europäischen Rat alle satt werden, von den Politikern, den Mitarbeitern, Journalisten bis hin zu den Besuchern. Das Treffen ist für ihn trotzdem jedes Mal etwas Besonderes. „Es ist immer wieder ein außergewöhnliches Ereignis“, sagt der 53-Jährige. Entsprechend früh und akribisch werden die Dinner vorbereitet. Eineinhalb Monate vorher geht es los. Dann wird mit einer Catering-Firma das Menü besprochen. Dabei gilt es, zahlreiche Kriterien zu beachten…

Warum sind manche Lebensmittel verboten?
Die Lebensmittel müssen zunächst möglichst regional, saisonal und nachhaltig sein. Ethische Erwägungen spielen bei der Auswahl eine große Rolle. Nicht serviert werden etwa bedrohte Fischarten, Gänsestopfleber oder extrem teures Essen wie Kaviar. Verzichtet wird auch auf spezielle Lebensmittel, die nicht jedem schmecken – Rosenkohl zum Beispiel. Strenge Gesundheitsvorschriften verbieten rohes Fleisch oder rohen Fisch. Zudem gibt es eine Liste mit den speziellen Essgewohnheiten und Allergien der Teilnehmer. Praktikabel muss es außerdem noch sein. Die Regierungschefs haben müssen während des Dinners auch mit Mikrofonen, Papieren und ihren Smartphones hantieren. Da müssen die Gerichte einfach zu essen sein, erklärt Zaczykiewicz. Klare Suppe geht noch. Spaghetti eher nicht. „Es gab mal ein sehr schönes Dessert“, sagt er, „ein Eis, das sich aber extrem schwer mit dem Besteck zerschneiden ließ. Das kam dann nicht in Frage. Auch muss das Essen nach Verzögerungen noch genießbar sein.“

Was passiert im Falle eines spontanen Gipfeltreffens?
Für den Fall eines spontanen Gipfeltreffens haben die Verantwortlichen zur Sicherheit immer fertig getestete Menüs in der Hinterhand. Die Crew muss in der Lage sein, in maximal drei Tagen ein Dinner auf die Beine zu stellen. Was es beim Gipfel gibt, wird erst kurz vor Beginn bekanntgegeben. Beim letzten Mal gab es als Vorspeise Meeresfrüchte mit jungem Gemüse, als Hauptgang gedünstetes Kabeljaufilet mit Brunnenkresse, Kartoffelpüree und Lauch und als Nachspeise ein Schokoladen-Mandel-Dessert und Pralinencreme mit getrockneten Früchten. Meist schmecke es allen, sagt der Organisator. Nur beim Dessert gebe es manchmal Sonderwünsche.

Viele Personen gleichzeitig muss ein Kellner bedienen?
Der Service ist beim EU-Gipfel-Dinner ebenfalls genau geregelt: Jeder Kellner muss zehn Personen gleichzeitig bedienen. In der Küche selbst arbeiten sechs bis zehn Köche. Je nach Situation könne es dort manchmal hektisch zugehen, erzählt Zaczykiewicz, vor allem, wenn sich das Dinner verzögert. Wenn dann aber alle am Tisch sitzen, kehre meist wieder Routine ein.

Wie viel Wein fließt bei einem solchen Staatstreffen?
Pro Gericht gibt es ein Glas Wein, stets europäischen Ursprungs. Im ratseigenen Weinkeller lagere übrigens längst nicht mehr so viel Vorrat früher. 2012 waren es 27 000 Flaschen, jetzt nur noch 14 000. Der teuerste davon kostet gerade mal 15 Euro im Einkaufspreis. „Wir versuchen immer, das Menü einfach zu halten“, erklärt Zaczykiewicz. Er war früher selbst als Diplomat bei vielen Staatsessen in anderen Ländern eingeladen. „Da ging es zum Teil deutlich spektakulärer zu, zum Beispiel in Frankreich.“

Warum wird zwei ganze Tage lang der Tisch eingedeckt?
Jeder Platz wird mit Blumen der Saison geschmückt, die korrekten Abstände zwischen den Teller-Unterlagen werden auch gern mal mit dem Lineal nachgemessen. Den gesamten Tisch herzurichten dauert zwei Tage. Einen Tag davon werden allein die Tischdecken gebügelt. Wenn die Gespräche kein Ende finden sollten, ist ebenfalls vorgesorgt. Dann werden auf Wunsch noch Kleinigkeiten gereicht, wie Obstsalat, Sandwiches oder andere Erfrischungen. Er selbst brauche keine Wachmacher, sagt Zaczykiewicz. Bei solchen speziellen Anlässen helfe ihm sein „natürliches Adrenalin.“ (dpa/TH)

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