Vor dem Bundesgerichtshof

Gerichtsstreit: Kann ein Bier „bekömmlich“ sein

Ein Richterhammer ruht auf einer Holzplattform auf der BGH steht
Der Bundesgerichtshof prüft, ob eine Brauerei mit dem Begriff „bekömmlich“ werben darf. (Foto: bht2000/fotolia)
Weil eine Brauerei ihr Bier als „bekömmlich“ bewirbt, streitet sich diese seit Jahren mit dem Berliner Wettbewerbsverband vor Gericht. Der Vorwurf: Ein alkoholisches Getränk kann nicht „bekömmlich“ sein, da der Begriff eine gesundheitsfördernde Wirkung suggeriert.
Donnerstag, 17.05.2018, 11:08 Uhr, Autor: Markus Jergler

„Bekömmlich, süffig – aber nicht schwer“, lautet der Werbeslogan der kleinen Brauerei aus dem Kreis Ravensburg. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat der Klage gegen diese Formulierung bereits Recht gegeben. Nun beschäftigt der seit drei Jahren währende Bierstreit zwischen der Allgäuer Brauerei und einem Berliner Wettbewerbsverband den Bundesgerichtshof (BGH). Am Donnerstag prüften die obersten deutschen Zivilrichter den Fall (Az.: I ZR 252/16).

Um was geht es genau?
Die beklagte Brauerei verwendet seit den 30er Jahren für ihre Biere den Werbeslogan „Wohl bekomm’s!“ und hat seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts diese in Anzeigen auch als „bekömmlich“ bezeichnet. Dagegen hatte der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) aus Berlin – ein Zusammenschluss von rund 90 Unternehmen der Lebensmittelbranche – 2015 eine einstweilige Verfügung erwirkt. Der Leutkircher Brauereichef Gottfried Härle ließ daraufhin auf den Etiketten von rund 30.000 Bierflaschen das Wort von Hand mit Filzstiften streichen – und legte Berufung ein. Seine Klagen blieben vor dem Landgericht Ravensburg und dem Oberlandesgericht Stuttgart erfolglos.

Was spricht gegen „bekömmlich“?
Das aus dem Mittelhochdeutschen stammende „bekom(en)lich“ bedeutete einmal so viel wie „passend“ oder „bequem“. Heute wird es als Synonym für „leicht verdaulich“ oder „verträglich“ verstanden. Dass Biersorten mit einem Alkoholgehalt zwischen 2,8 und 5,1 Prozent so beworben werden, geht aus Sicht des Wettbewerbsverbandes gar nicht. Es sei eine „gesundheitsbezogene“ Angabe, mit der nach der Health-Claims-Verordnung der EU nicht geworben werden darf. Die Verordnung verbietet das für alkoholische Getränke mit mehr als 1,2 Volumenprozent.

Der beklagte Brauer versteht den Begriff als „reine Qualitätsaussage“ mit langer Tradition. Härle ist ein Familienunternehmen in vierter Generation und mit 33 Mitarbeitern und 7,2 Millionen Euro Jahresumsatz klein – die Folgen des Rechtsstreits könnten aber größer sein: Nach Angaben von Firmenchef Härle haben eine Reihe anderer Brauereien ebenfalls mit „bekömmlichem“ Bier geworben.

Der BGH hat am Donnerstag entschieden, dass der Begriff „bekömmlich“ nicht für Bierwerbung verwendet werden darf. (dpa/MJ)

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