Fairtrade wächst in Österreich stark
Hr. Kirner, wie hat sich der Umsatz von Fairtrade-Produkten in Österreich in den vergangenen Jahren entwickelt und wie sieht die letztjährige Bilanz konkret aus?
Erfreulicherweise haben wir hierzulande derzeit einen sehr dynamischen Markt und ein tolles Wachstum. 2016 lag die Steigerung bei 46 Prozent, im vergangenen Jahr bei 13 Prozent. An die Fairtrade-Produzentenorganisationen wurden 2017 geschätzte 43 Millionen US-Dollar bezahlt, inklusive der Fairtrade-Prämie, die in wichtige Gemeinschaftsprojekte wie neue Schulen oder Spitäler investiert wird.
Welchen Anteil an Ihrem Ergebnis hat der Gastronomiesektor und wie entwickelt der sich?
Insgesamt gibt es bereits rund 1.850 Cafés, Bäckereien, Hotels, Restaurants und Kantinen in ganz Österreich, die auf Fairtrade setzen. Die Entwicklung ist also sehr positiv. Beispielsweise schenkt die Donhauser GmbH, der neue Caterer der ÖBB, seit kurzem Fairtrade-Kaffee in den Zügen aus. Auch die Rosenberger-Raststätten setzen seit diesem Jahr auf fair gehandelte Kaffeebohnen, um nur zwei neue Beispiele zu nennen.
Welche sind Ihre umsatzstärksten Produkte in der Gastronomie?
Ca. 30 Prozent des Umsatzes bei Kaffee und Heißgetränken kommen aus der Gastronomie. Im Vorjahr wurden in Österreich 3.844 Tonnen Rohkaffee verkauft, was wiederum geschätzte Direkteinnahmen für die Produzentenorganisationen in der Höhe von 15,4 Millionen US-Dollar bedeutet. Zu dieser großen Zahl hat die Gastronomie einen maßgeblichen Beitrag geleistet.
Wie viele Produkte bieten Sie aktuell mit Fairtrade-Siegel an und wo kann ein Gastronom diese beziehen?
Es gibt mittlerweile mehr als 1.900 Produkte mit dem Fairtrade-Siegel in Österreich zu kaufen. Diese sind auch in den Cash & Carry-Märkten gelistet. Bei Transgourmet ist jetzt beispielsweise erstmals Fairtrade-Reis der Marke Vonatur in 5kg Säcken erhältlich.
Mit wie vielen Produzenten in wie vielen Ländern sind Sie derzeit unter Vertrag?
Im Fairtrade-System sind derzeit 1.411 Produzentenorganisationen in 73 Ländern tätig. Weltweit werden darin mehr als 1,6 Millionen Kleinbauern sowie Beschäftigte auf Plantagen erfasst. Diese Zahl ist in den vergangenen Jahren stabil geblieben. Wichtig ist uns nicht nur die Zahl der Produzentenorganisationen, sondern dass diese wirklich einen großen Teil ihrer Ernte zu Fairtrade-Bedingungen verkaufen können. Derzeit ist das je nach Rohstoff oft nur ein Drittel. Ziel wäre es aber, mittelfristig zumindest die Hälfte zu Fairtrade-Bedingungen verkaufen zu können. Der faire Handel kann seine Wirkung nur voll entfalten, wenn auch der Absatz hoch ist.
Lässt sich sagen, um wieviel ein Fairtrade-Produkt durchschnittlich teurer ist als ein vergleichbares nicht fair gehandeltes?
Wieviel das Produkt im Handel schlussendlich kostet, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Ausgaben für Verpackung, Versand, Vertrieb oder Werbung sind nur einige Beispiele dafür, was alles mit ein kalkuliert werden muss. Auch die Berücksichtigung der eigenen Kostenstruktur von Händlern, einer Handelsspanne und der Mehrwertsteuer bestimmen den Endverbraucherpreis mit. All das variiert je nach Produkten und Lieferketten mitunter stark und lässt sich nicht pauschalisieren. Klar ist: Fairtrade-Mindestpreis und Prämie müssen den Kleinbauernkooperativen in jedem Fall bezahlt werden.
Wie können Sie garantieren, dass der Mehrpreis tatsächlich den Bauern zugutekommt und nicht in den Taschen von Zwischenhändlern landet?
Der Mindestpreis und die Fairtrade-Prämie sowie die Verwendung von letzterer werden von der unabhängigen Zertifizierungsstelle FLOCERT regelmäßig kontrolliert. Diese überwacht den Waren und Geldfluss in der gesamten Wertschöpfungskette, beginnend bei den Kleinbauernkooperativen im Ursprung. In diesen schließen sich die Kleinbauernfamilien zusammen, um am Markt gemeinsam mit einer lauteren Stimme zu sprechen.
Speziell „Bio“ ist in Österreich ein gefragtes Qualitätslabel. Gibt es daher auch Bio-Produkte von Fairtrade?
Ja, die gibt es durchaus. Beispielsweise sind in Österreich 100 Prozent der Fairtrade-Bananen gleichzeitig auch Bio. Bei Fairtrade-Kaffee liegt der Bio-Anteil bei mehr als 70 Prozent. Der biologische Anbau wird von Fairtrade nicht vorausgesetzt, aber gezielt gefördert. Würde man Bio-Anbau von Beginn an einfordern, wäre es für viele Kleinbauernkooperativen eine Hürde, die eine Teilnahme am Fairtrade-System erschweren würde. Unser klares Ziel ist es aber, von möglichst vielen Menschen in sogenannten Entwicklungsländern die Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern. (CK)