Dinner for One

Wer geht allein essen?

Gelangweilte Frau in einem Lokal blickt auf ein leeres Glas
Manchen Leute ist auch einfach nur langweilig, wenn sie alleine in einem Lokal sitzen. (© fotolia.com/Antonioguillem)
Es gibt Dinge, die machen die meisten nicht so gern allein. Eine Weltreise, Weihnachten feiern oder eben ins Restaurant gehen. Aber wer sind die, die es doch tun?
Montag, 09.09.2019, 10:37 Uhr, Autor:Clemens Kriegelstein

In den 1950er Jahren wäre es undenkbar gewesen: Eine Frau, die allein ins Restaurant geht. „Da hätte man gesagt, das ist wohl eine Prostituierte“, beschreibt Hans-Peter Erb die damalige Situation. Erb ist Sozialpsychologe und Professor an der Hamburger Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr. Noch heute sei es so: „Wenn ich allein ausgehe als Frau, riskiere ich, dass ich bestimmte Absichten hervorrufe.“ Tatsächlich gehen in Deutschland mehr Männer als Frauen alleine essen, wobei das viele verschiedene Gründe haben kann. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des Online-Reservierungsportals OpenTable gaben 72 Prozent der befragten Männer an, regelmäßig oder zumindest selten allein eine Gaststätte aufzusuchen. Bei den Frauen waren es nur 57 Prozent.

Tendenziell sind Solo-Restaurantbesucher zudem eher älter. 45 Prozent aller Befragten gaben an, selten alleine essen zu gehen, fast jeder Fünfte tut dies regelmäßig. Ein Drittel der Befragten ist noch nie allein im Restaurant gewesen. Zumeist, so ein weiteres Ergebnis der Umfrage, gehen die Allein-Besucher in ihrer Freizeit ins Restaurant (56 Prozent) – oder in ihrer Mittagspause (49 Prozent).

Unterschiedliche Beweggründe

Es sind viele Gründe vorstellbar, warum Menschen in ihrer Freizeit alleine ins Restaurant gehen. Zum Beispiel um unter Leuten zu sein. Oder aus genau dem gegenteiligen Grund: Um für zwei Stunden seine Ruhe zu haben. Oder weil man schlicht zu faul zum Kochen ist.

Wissenschaftliche Studien zum „Solo Dining“ gebe es nicht, doch ließen sich die Ergebnisse der Umfrage mit Trends wie Vereinzelung und Individualisierung in Einklang bringen, sagt Erb. „Es gibt immer mehr Single-Haushalte und auch ein großes Problem mit Einsamkeit, was die Menschen sehr stark belastet.“

Solo-Reservierungen steigen rasant

Beim Online-Reservierungsportal OpenTable sind laut Unternehmen die Reservierungen für eine Person von 2014 bis 2018 um sagenhafte 321 Prozent gestiegen. Für viele ist Solo Dining aber wohl immer noch eine Hürde. Auf Reiseportalen aus aller Welt finden sich jedoch viele Hinweise fürs sogenannte Solo Dining. „VisitMelbourne“ etwa empfiehlt Restaurants in der australischen Stadt, die Solo-Essern einen Platz an der Bar bieten. Das weltberühmte Opernhaus von Sydney bietet gleich eine ganze Anleitung für einen Solo-Besuch. Die irische Tourismus-Organisation Tourism Ireland rät für den Fall, dass man auf sich gestellt in ein Pub hineinplatzt: „Kommen Sie einfach herein, begrüßen Sie die Leute hinter der Bar und schon kann eine ganz ungezwungene Unterhaltung zu fantastischen Geschichten führen.“

Dass es für viele Menschen immer noch eine Überwindung bedeutet, eine Gaststätte ohne Begleitung aufzusuchen, zeigt die Existenz eines Wortes für die Panik davor: Solomangarephobia. Der Begriff geistert durch das Internet. Das Reiseportal TripAdvisor beschreibt die Gefühle mancher Einzel-Esser so: „Sie können nirgendwo hinschauen, ohne unhöflich zu wirken, und gehen gleichzeitig davon aus, dass sie von anderen beobachtet werden und diese sich ein Urteil über sie bilden, weil sie alleine essen.“

„Stammtisch 4.0“

Während die eine Tourismusorganisation Angebote fürs Solo Dining macht, will die andere helfen, solche eventuell einsamen Momente zu vermeiden. Der Kur- und Gewerbeverein Bad Füssing in Bayern hat das Projekt „gemeinsam „isst“ man glücklicher!“ entwickelt. Wechselnde Restaurants bieten einmal pro Woche einen gemeinsamen Abend für jene, „die sich nach mehr Geselligkeit und Heiterkeit in den Wirtshäusern sehnen“. Nun soll die „sehr erfolgreiche Aktion“ auf ganz Bayern ausgedehnt werden, sagt Matthias Artmeier, Geschäftsführer des Fachbereichs Gastronomie beim Dehoga Bayern. Auch er spricht von einer zunehmenden Vereinsamung, der man begegnen wolle, „damit die Leute unter die Leute kommen“. Was dem Dehoga vorschwebt, sei die „Wiederbelebung eines alten Stammtisches“, quasi der „Stammtisch 4.0“. (dpa/CK)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Ein Mann, der alleine isst.
Studie
Studie

Solo-Reisen und -Restaurantbesuche liegen im Trend

Das Reisen allein wird bei den Deutschen immer beliebter. Auch Solo-Restaurantbesuche genießen die Deutschen immer mehr. Das hat eine aktuelle Studie herausgefunden. 
Mann, der allein im Restaurant speist
Studie
Studie

Solo-Restaurantbesuche liegen im Trend

Immer mehr Deutsche genießen ihre Restaurantbesuche allein – und zwar nicht aus Einsamkeit, sondern als Teil ihrer Selbstfürsorge. Diese Erkenntnisse bieten Gastronomen wertvolle Chancen, ihre Konzepte entsprechend anzupassen.
Kellner servieren einer Gruppe am Tisch
Studie
Studie

Deutschlands Gastronomie im Wandel

Die Corona-Pandemie hat nicht nur zu Einschränkungen, sondern auch zu einigen positiven Veränderungen in der Gastronomie geführt. Opentable beleuchtet einige der wichtigsten Trends und Erkenntnisse des diesjährigen Gastgewerbes.
Ein junges Pärchen an einem Restauranttisch
Studie
Studie

Zwei Millionen Deutsche geben kein Trinkgeld

Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zeigt, wie oft die Deutschen ein Restaurant aufsuchen, wie viel sie dort durchschnittlich ausgeben – und wie spendabel sie beim Trinkgeld sind.
Martin Kagerer
Eröffnung
Eröffnung

Martin Kagerer eröffnet Restaurant „Mokuli“ in Regensburg

Das Be orange! in Regensburg beherbergt auf 6.600 Quadratmetern Büros, Praxen, Kanzleien und Läden – und jetzt auch das Restaurant „Mokuli“. Das neue Gastro-Baby von Martin Kagerer feiert hier heute seine Eröffnung. 
Philipp Schmitt, André Germann und Marc Uebelherr
Konzeptstart
Konzeptstart

Marc Uebelherr schickt Social Tagesbar an den Start

Die Gastronomiefamilie von Marc Uebelherr wächst weiter: Am St. Anna-Platz in München eröffnet mit der Social Tagesbar ein neues gastronomisches Konzept, das neben einer breiten Vielfalt an Weinen auf kulinarische Schmankerln setzt. Es ist bereits das dritte Projekt, das Marc Uebelherr in Zusammenarbeit mit einem Vertreter der „Young Generation“ realisiert.
Oemer Enrique Erol, Eventchef vom Massif, Christian Daam vom Naïv, Florian Joeckel, Geschäftsführer des Massif Central sowie Sascha Euler vom Naïv
Eröffnung
Eröffnung

Biergarten zieht in eine ehemalige Autowerkstatt

Am 25. April 2025 öffnet der erste Urban Beer Garden Frankfurts. Das Besondere: Der Biergarten befindet sich in einer eher ungewöhnlichen Lokalität. 
Le Consulat in Berlin
Event
Event

Le Consulat verwandelt die Currywurst in ein französisches Erlebnis

Französische Eleganz trifft auf Berliner Lässigkeit: Am 5. Juni verwandelt das Le Consulat in Berlin die klassische Currywurst in ein raffiniertes Gourmet-Erlebnis. 
Schlager Café in Düsseldorf
Schlagerparadies
Schlagerparadies

Erstes Schlager Café ist in Düsseldorf eröffnet

Mit einem bunten Mix aus Live-Musik, Kulinarik und Schlager-Ikonen hat am 10. April 2025 das neue Schlager Café im Düsseldorfer Schlösser Quartier offiziell eröffnet. Auf über 2.000 Quadratmetern vereint das Konzept kulinarisch, dekorativ und konzeptionell Gastronomie mit Show.