Bürokratieabbau im Gastgewerbe
Die Bundesregierung will bereits bestehende Spielräume besser nutzen und Kontrollen bundesweit vereinheitlichen, um Bürokratie im Gastgewerbe abzubauen. Künftig sollen manche Dokumentationen erst bei konkreten Mängeln notwendig sein und EU-Vorgaben nicht übererfüllt werden.
Ergebnispapier des Bundeswirtschaftsministeriums
Das Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichte acht konkrete Ergebnisse und Handlungsempfehlungen. Der Fokus liegt dabei unter anderem auf den Bereichen Lebensmittelhygiene und Allergenkennzeichnung sowie Arbeits-, Gesundheits- und Brandschutz.
Konkret schlägt das Wirtschaftsministerium unter anderem vor, dass Behörden bei der Lebensmittelhygiene von Betrieben keine Dokumentation der Kühltemperatur fordern, wenn keine oder nur geringfügige Mängel festgestellt wurden. Der Kontrolleur könne nach geltender Rechtslage schon jetzt vor Ort entscheiden, in welchen Fällen das vertretbar sei.
Überblick über Handlungsempfehlungen
- Verzicht auf schriftliches HACCP-Konzept
- Verzicht auf fortlaufende Dokumentation (z. B. Wareneingangsprüfung)
- Allergenkennzeichnung: Berücksichtigung der besonderen Belastungen für kleine Betriebe mit täglich wechselnder oder saisonaler/regionaler Küche
- Handyfoto vom Lieferschein für die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln
- Kostenfreie Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung für Kleinbetriebe
- Arbeitsmedizinische Vorsorgekatei: Erleichterung durch praxisbezogene Übersicht für Gastgewerbe
- Elektrische Anlagen und Betriebsmittel: Unternehmerische Eigenverantwortung bei der Verlängerung der Prüffristen
- Brandschutzanlagen: Vereinfachung der landesrechtlichen Prüfvorschriften
Das vollständige Papier findet sich auf der Homepage des Bundeswirtschaftsministeriums.
Praxischeck
Die Handlungsempfehlungen wurden im Rahmen eines Workshops mit Branchenvertretern und der Bayerischen Staatsregierung, unter anderem Walter Nussel als Beauftragter für Bürokratieabbau, unter dem Namen Praxischeck, der im Herbst 2024 stattfand, identifiziert.
Gitta Connemann, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Wirtschaft und Energie und die Beauftragte der Bundesregierung für den Mittelstand dazu: „Bürokratie kostet Zeit, Geld und Nerven – besonders im Mittelstand. Der Praxischeck zum Gastgewerbe hat offengelegt, was schiefläuft: ein überbordendes Berichtswesen, Dokumentationspflichten ohne Mehrwert, ungenutzte Handlungsräume aus Sorge vor Verstößen. Kleinere Betriebe sind überproportional belastet. Der Praxischeck zeigt, wie Bürokratierückbau im Gastgewerbe konkret gelingen kann – direkt vor Ort, gemeinsam mit den Betrieben. Die Ergebnisse sind eine Blaupause für andere mittelständische Branchen und die Länder.“
„Dieser Spielraum sollte flächendeckend einheitlich genutzt werden“, fordert auch Dr. Christoph Ploß, Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft und Tourismus. „Restaurants, Gasthäuser, Bars und Kneipen sind Orte der Begegnung, der Lebensqualität und Gastfreundschaft. Damit das so bleibt, müssen sie sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Überflüssige Bürokratie muss weg“, so Ploß.
Sinkender Umsatz im Gastgewerbe
Das Gastgewerbe hat im Mai 2025 nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes kalender- und saisonbereinigt real (preisbereinigt) 4,6 Prozent weniger umgesetzt als im April 2025. Im Vergleich zum Vorjahresmonat Mai 2024 sank der Umsatz real um 4,0 Prozent und stieg nominal um 0,8 Prozent. Konkret bedeutet das: Die Branche erlebt trotz vieler Feier- und Brückentagen den größten Umsatzeinbruch seit dreieinhalb Jahren.
Angela Inselkammer, Präsidentin des Dehoga Bayern, weist vor dem Hintergrund dieser Zahlen auf die Bedeutung der Branche hin, die auch durch den Abbau von Bürokratie erst langfristig Bestand haben kann: „Das Gastgewerbe ist Drehscheibe regionaler Wirtschaftsnetze, überall in Deutschland. Die Branche ist das Herzstück, das mit jedem Euro Umsatz frische Aufträge durch die Adern der regionalen Wirtschaft pumpt und somit Handwerk, Landwirtschaft und Dienstleistung mit lebenswichtigen Aufträgen versorgt. Schließt der Wirt oder auch Hotelier, brechen nicht nur hier Arbeitsplätze und Steuereinnahmen weg – es entsteht ein Dominoeffekt, der auch Lieferanten, Handwerker und andere Dienstleister trifft. Umgekehrt stärkt jeder florierende gastgewerbliche Betrieb die gesamte Region, schafft Kaufkraft und erhält lebendige Orte. Wir stellen damit weit mehr als nur einen Konsumraum dar – wir sind unverzichtbarer Wirtschaftsmotor mit echter Hebelwirkung.“
Und die Belastungen in der Branche steigen neben hohen Bürokratieauflagen auch durch Mindestlohnerhöhung, Energie- und Warenkosten immer weiter. Die Mehrwertsteuersenkung auf Speisen in der Gastronomie ab Januar 2026 sei daher zwingend notwendig, um die Existenz der Betriebe und regionalen Wirtschaftskreisläufe zu sichern, sagt auch Dr. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Dehoga Bayern: „Die 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen sind der entscheidende Booster: Sie geben Spielräume bei der Preispolitik und für Investitionen in Mitarbeiter, Modernisierung sowie Erhalt und Wachstum. Damit wir weiter regionale Wirtschaftskreisläufe beleben, ist die Mehrwertsteuerreduzierung auf Speisen entscheidend. Denn wo das Gastgewerbe stirbt, stirbt eine ganze Region.“
(Bundeswirtschaftsministerium/Dehoga Bayern/SAHO)