Interview

Hubert Aiwanger: „Wir werden alles Mögliche tun, um zu verhindern, dass die Branche untergeht“

Hubert Aiwanger im Hotel
(©StMWi/E. Neureuther)
Im The Westin Grand in München informierte sich der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger kürzlich über die geplante Umsetzung der Corona-bedingten Maßnahmen in der Hotellerie. Mit HOGAPAGE sprach er über seine Eindrücke und machte der Branche Hoffnung.
Freitag, 15.05.2020, 09:12 Uhr, Autor: Daniela Müller

Die Munich Hotel Alliance demonstrierte am Beispiel des The Westin Grand in München wie sie die Hygiene und Sicherheitsbedingungen nach SARS-CoV-2 umsetzt. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger war vor Ort und machte sich ein Bild über den Betrieb eines Hotels während der Corona-Beschränkungen. Personenleitsysteme und Hinweise für Gäste überall in den öffentlichen Bereichen, Plexiglas zwischen Gast und Personal, weite Abstände im Biergarten und in Tagungsräumen. Auch das üppige Büfett gehört erst einmal der Vergangenheit an, das Frühstück wird in der Box serviert. Wohlfühlen kann sich der Gast trotz aller erforderlichen Maßnahmen, ist sich Hubert Aiwanger sicher.

Herr Aiwanger, wie lautet Ihr Fazit, nachdem Sie sich nun von der geplanten Umsetzung der Maßnahmen hier im The Westin Grand in München ein Bild machen konnten? Würden Sie als Gast hier einchecken?
Das Konzept hat mich sehr überzeugt. Hier im Hotel ist alles durchdacht – vom Eingang über die Zimmer bis zum Biergarten. Ich glaube Corona macht die Menschen ohnehin disziplinierter, als sie es früher waren. Auf der anderen Seite sehe ich, dass die Tagungsräume – vorausgesetzt es ist genügend Platz – in absehbarer Zeit auch wieder geöffnet werden können, wenn wir es politisch zulassen.

Hubert Aiwanger
Statt vom Frühstücksbüfett schlemmen Gäste im The Westin Grand derzeit aus stylischen Bento-Boxen. (© StMWi/E. Neureuther)

Wie stellen Sie sich nun den weiteren Weg für die Hotellerie und Gastronomie zurück in die Normalität vor? Denn die erforderlichen Hygiene- und Abstandsmaßnahmen bedeuten ja einen großen Einschnitt in die Rentabilität der Betriebe. Verraten Sie uns Ihre Visionen dazu?
Natürlich ist jetzt erst einmal der erste Schritt zu tun: Die Biergärten, die Gastronomie und die Hotellerie werden endlich öffnen. Das ist politisch aufs Gleis gesetzt, die Vorgaben sind bekannt und jeder weiß, woran er ist. Jetzt hoffen wir natürlich, dass die Gäste die Konzepte annehmen. Ich bin überzeugt, sie werden es tun.

Selbstverständlich müssen der Wirt und der Hotelier am Ende genügend Geld verdienen. Da setzen wir u.a. auf die 7% Prozent Mehrwertsteuer, die hoffentlich auch über das Jahr 2021 hinaus weiterlaufen wird. Und vielleicht wird auch die eine oder andere Halbe Bier zukünftig 50 Cent mehr kosten müssen, damit rentabel gearbeitet werden kann. Aber ich denke, die Gastronomie ist so wichtig für Bayern, ist so wichtig auch für das private Lebensgefühl – wer in diesem Jahr auf eine Flugreise verzichtet, der kann ein bisschen mehr dem Wirt vor Ort lassen.

Und vielleicht ist ja gerade jetzt ein guter Zeitpunkt dafür, dass die Gäste eine Bereitschaft entwickeln, auch gerechtfertigte höhere Preise zu bezahlen. Wie sehen Sie das?
Es wird ja seit vielen Jahren schon darüber debattiert, dass wir im Gastgewerbe höhere Löhne brauchen. Hier gibt es vielleicht jetzt die Möglichkeit, dass dank der 7% Mehrwertsteuer auch das Personal besser bezahlt wird. Die Einkommen werden zunächst natürlich dünner sein, aber der Bürger sieht jetzt auch, wie wichtig die Hotellerie und Gastronomie, die ganze Branche, für das Lebensgefühl der Menschen ist. Bisher ist das so mitgelaufen und wurde als selbstverständlich angesehen, jetzt schätzt man das erst richtig Wert und ist dann auch bereit, die entsprechenden Preise zu bezahlen.

Hubert Aiwanger
Bei der Hausführung erklärte Complex General Manager Paul Peters, welche Vorkehrungen in den Zimmern getroffen wurden. (© StMWi/E. Neureuther)

Trotz der Möglichkeit nun wieder zu öffnen, befürchten viele Betriebe, dass sie am Ende nicht genügend Umsatz erwirtschaften können. Von verschiedenen Seiten werden deshalb umfassendere Rettungspakete für die Branche gefordert. Wie wollen Sie die gesamte Hotellerie und Gastronomie – nicht nur die großen Ketten, sondern auch die kleineren – vor der befürchteten Massenpleite bewahren?
Wir müssen die Situation sehr genau im Auge behalten, beobachten, wie die Öffnungen laufen, wie sich die Umsatzzahlen entwickeln. Im Handel war es ja beispielsweise so, dass die Läden nach der Wiedereröffnung nur die Hälfte des Umsatzes von der Normalzeit verbuchen konnten. Und wenn wir sehen, die Umsätze im Gastgewerbe reichen nicht, der Wirt kommt nicht aus den negativen Zahlen heraus, werden wir uns noch einmal etwas überlegen müssen, um sicherzustellen, dass die Unternehmer ihr Einkommen zukünftig wieder am Markt erwirtschaften können. Ansonsten müssen wir finanziell nachlegen, damit diese Branche nicht untergeht.

Wie beurteilen Sie die Chancen, dass die Gäste trotz der Corona-bedingten neuen Situation in die Hotels kommen werden? Können Sie hier Hoffnung machen?
Ich gehe davon aus, dass die Hotels besser angenommen werden, als derzeit befürchtet. Fernreisen werden in diesem Jahr weitestgehend ausfallen. Wer Urlaub machen möchte, wird überwiegend in der Heimat bleiben. Das bedeutet mehr Potenzial für den heimischen Tourismus. Die Gäste werden es schätzen lernen, dass die Abstände einzuhalten sind und man sich gegenseitig nicht zu eng auf die Pelle rückt. Ich denke aber, die Zimmer werden voll belegt sein. Wir haben hier keine Obergrenzen und Belegungsquoten, wie es andere Länder teilweise diskutiert haben. Es dürfen alle Zimmer belegt werden, wenn die Gäste kommen. Und die werden kommen.

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