Energiepolitik

Kabinett beschließt Entlastungen für Stromkunden – profitiert auch das Gastgewerbe?

Lars Klingbeil (SPD) sitzt neben Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Thorsten Frei (CDU)
V. l. n. r.: Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen, sitzt neben Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Thorsten Frei (CDU), Chef des Bundeskanzleramts und Bundesminister für besondere Aufgaben, vor Beginn der Sitzung des Kabinetts im Bundeskanzleramt. (Foto: © picture alliance/dpa | Michael Kappeler)
Das Bundeskabinett hat wichtige Vorhaben in der Energiepolitik beschlossen. Milliarden-Zuschüsse sollen die Netzentgelte beim Strom senken. Eine Senkung der Stromsteuer für alle soll es aber vorerst nicht geben.
Mittwoch, 03.09.2025, 15:11 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Die Bundesregierung hat Entlastungen bei den Strompreisen auf den Weg gebracht. Dabei geht es zum einen um eine Senkung der Netzentgelte als ein Bestandteil des Strompreises. 

Fachverbände warnen allerdings, die Entlastung komme nicht bei allen Verbrauchern an. Bei der Stromsteuer soll eine Entlastung für Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft verstetigt werden. 

Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche (CDU) sprach von guten Nachrichten für die Stromkunden in Deutschland. „Wir entlasten die Verbraucher, wir entlasten Unternehmen.“ Eine Senkung der Stromsteuer für alle aber ist weiterhin nicht geplant.

Die Stromsteuerentlastung bis auf den EU-Mindeststeuersatz soll für potenziell über 600.000 Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft verstetigt werden. Davon sind laut Papier des Wirtschaftsministeriums auch produzierende Handwerksbetriebe wie Bäckereien und Konditoreien oder Metallbauer und Feinwerkmechaniker erfasst.

Das Gastgewerbe hingegen fällt nicht unter diese Kategorien, obwohl es durch seine energieintensive Struktur – etwa durch Großküchen, Kühlhäuser und Wäschereien – ähnliche Belastungen trägt. Der Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) hatte die Pläne der Bundesregierung daher bereits kritisiert und vor einer Benachteiligung der mittelständischen Systemgastronomie gewarnt. 

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer schätzt, dass nur maximal 15 Prozent der Betriebe in Deutschland von der Senkung der Stromsteuer profitieren. Wirtschaftsverbände klagen seit langem über im internationalen Vergleich hohen Strompreise.

Die Entscheidung zur Stromsteuer sorgt weiter für Kritik. Marie-Christine Ostermann, Präsidentin der Familienunternehmer, warf der Koalition Wortbruch vor. „Bereits jetzt rollt eine Insolvenzwelle durch den Mittelstand.“ Alexander von Preen, Präsident des Handelsverbands Deutschland, sagte, die Politik lasse große Teile der Wirtschaft und die privaten Haushalte links liegen. Handwerkspräsident Jörg Dittrich sprach von einem "massiven Vertrauensbruch".

Strompreis 2025
(Grafik: © BDEW/statista)

Was ist bei den Netzentgelten geplant?

Die Netzentgelte, über die unter anderem der teure Ausbau der Stromnetze finanziert wird, sind deutlich gestiegen. Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) haben sie derzeit einen Anteil am Gesamt-Strompreis von rund 28 Prozent

Die Bundesregierung plant für das kommende Jahr einen Zuschuss in Höhe von 6,5 Milliarden Euro für die Betreiber der Übertragungsnetze. Dadurch sollen auch Kostenbelastungen der an die nachgelagerten Verteilernetze angeschlossenen Stromkunden abgemildert werden, wie es im Gesetzentwurf heißt. Gerade das Gastgewerbe, das einen hohen Stromverbrauch hat, könnte von einer solchen Entlastung zumindest etwas profitieren.

Das Stromnetz gliedert sich in das Übertragungsnetz – also große Überlandleitungen – für den Stromtransport über weite Strecken sowie Verteilnetze für die regionale Verteilung. Über diese Verteilnetze werden die privaten Haushalte versorgt.

Wie kommen Entlastungen bei den Netzentgelten an?

Der Zuschuss komme allen Unternehmen und privaten Haushalten zugute, die Strom verbrauchen, heißt es im Papier des Wirtschaftsministeriums. Dementsprechend sollten auch gastgewerbliche Betriebe hiervon profitieren können. Aber: Die tatsächliche Entlastungswirkung im einzelnen Netzgebiet könne höher oder niedriger sein, hieß es. 

Die Entgelte für die Übertragungsnetze werden an die nächste Netzebene weitergegeben. Die Versorger geben das dann an ihre Kunden weiter. Die regionalen Netzentgelte sind von Region zu Region unterschiedlich hoch. Gründe sind laut Versorger EnBW zum einen unterschiedliche Kostenstrukturen und ein unterschiedlich alter Zustand der Infrastruktur – ältere Netzinfrastrukturen haben höhere Wartungs- und Reparaturkosten, was sich auf die Netzentgelte auswirkt. Zum anderen hat der Ausbau der erneuerbaren Energien Einfluss auf die Netzentgelte, das liegt an Kosten für die Integration in die Netze.

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, sagte, der Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten komme nicht gleichmäßig bei allen Stromkunden an. Damit eine Entlastung auch zum Januar 2026 bei den Kunden ankomme, müssten die notwendigen gesetzlichen Beschlüsse bis zum 10. Oktober gefasst werden. Nur dann könnten die Netzbetreiber den Zuschuss rechtzeitig für die Ermittlung und Veröffentlichung der Netzentgelte berücksichtigen, die dann entsprechend in die Endkundenpreise der Energieversorger einfließen.  

In einer Studie der Beratungsfirma Consentec im Auftrag der Wirtschaftsverbände VKU und ZVEI heißt es, in manchen Gebieten von Verteilnetzbetreibern würden praktisch keine Entlastungen ankommen. Dazu kommt: Die Energieversorger sind nicht verpflichtet, den Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten weiterzugeben. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte die Branche dazu aufgefordert, dass die Entlastungen beim Kunden ankommen. 

Wie soll der Zuschuss finanziert werden?

Der Bundeszuschuss soll aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden, einem Sondertopf des Bundes. Insgesamt ist für die nächsten vier Jahre eine Entlastung von 26 Milliarden Euro vorgesehen, wie es in einem Papier des Wirtschaftsministeriums heißt.

2027 könnte aber ein anderer Weg eingeschlagen werden. Dann wird laut Papier eine "signifikante Bezuschussung der Offshore-Netzumlage" angestrebt – dieser muss aber die EU-Kommission zustimmen. 

Die Offshore-Netzumlage ist ein weiterer Bestandteil des Strompreises. Über diese Umlage werden unter anderem Kosten aus der Netzanbindung von Windparks auf hoher See finanziert. Verbraucherschützer hatten die Bundesregierung dazu aufgefordert, statt eines Zuschusses für die Übertragungsnetzkosten lieber Strompreis-Umlagen zu senken.

Die Wirtschaftsvereinigung Stahl kritisierte, die dringend benötigte Planungssicherheit für stromintensive Unternehmen fehle nach wie vor. „Wir brauchen eine verlässliche und langfristige Senkung der Netzentgelte“, sagte Hauptgeschäftsführerin Kerstin Maria Rippel.

(dpa/SAKL)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Stephan Weil
Entlastung
Entlastung

Energiepreisbremsen vom Bundesrat gebilligt

Erst gestern hatte der Bundestag die Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme beschlossen. Jetzt hat der Bundesrat diese gebilligt. Mit den Preisbremsen sollen die Folgen der stark gestiegenen Preise für Verbraucher und Unternehmen wie Gastronomie- und Hotelbetriebe abgefedert werden.
Katherina Reiche
Bundeszuschuss
Bundeszuschuss

Bundesregierung plant Entlastung für Stromkunden ab 2026

Die Bundesregierung will die Netzentgelte als ein Bestandteil des Strompreises verringern. Das Wirtschaftsministerium bringt dazu Gesetzesänderungen auf den Weg. Auch das Gastgewerbe könnte davon profitieren. 
Dr. Marcel Klinge
Gastwelt-Pakt
Gastwelt-Pakt

Denkfabrik fordert Schulterschluss der Gastwelt zur Bundestagswahl

Der Wahlkampf zur vorgezogenen Bundestagswahl wird intensiv, aber auch kurz und von großen Krisenthemen geprägt sein – das befürchtet die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG). Sie fordert deshalb einen „Gastwelt-Pakt“, um mit einer gemeinsamen Strategie Branchenthemen erfolgreich zu platzieren. 
Interview das gefilmt wird
„Aufgetischt & Nachgefragt“
„Aufgetischt & Nachgefragt“

Spitzenkandidaten im Gespräch

Welche Wertschätzung bringen die Berliner Spitzenkandidaten dem Gastgewerbe entgegen? Wie stellen sie sich die Zusammenarbeit vor? Diese und weitere Fragen klären Christian Andresen, Dehoga Berlin, und Bernhard Moser, eat!berlin, in der Reihe „Aufgetischt & Nachgefragt“.
Zwei Gastronomen bei der Abrechnung
Umfrage
Umfrage

Dehoga schlägt Alarm: „7 Prozent Mehrwertsteuer auf Essen sind überlebenswichtig“

Die Lage im Gastgewerbe ist weiterhin angespannt. Der Dehoga befürchtet das sechste Verlustjahr in Folge für die Branche. Präsident Guido Zöllick fordert daher entschlossenes Handeln der Politik und Steuerfairness.
Tische mit Stühlen im Regen
Dehoga
Dehoga

Regenwetter hat das Gastro-Geschäft beeinträchtigt

Sommer, Sonne, Sonnenschein? In diesem Jahr war das Wetter in den Sommermonaten eher unbeständig und regnerisch. Das bekommt auch das Gastgewerbe zu spüren – denn nicht nur in den Biergärten bleiben die Gäste aus.
Frau vervollständigt ihre Bewerbungsunterlagen
Ratgeber
Ratgeber

Bewerbung schreiben lassen: Professionelle Unterstützung für den Karrieresprung in der Hotellerie

Der Einstieg in eine erfolgreiche Karriere in Hotellerie und Gastronomie beginnt mit einer überzeugenden Bewerbung. Gut formulierte Unterlagen können dabei den entscheidenden Unterschied machen. Lohnt es sich daher, eine Bewerbung professionell anfertigen zu lassen?
Kellner servieren Speisen
Investitionen
Investitionen

25 Millionen Euro für das saarländische Gastgewerbe

Die Gastronomie leidet unter den Corona-Folgen, Fachkräftemangel, gestiegenen Preisen und hohen Energiekosten. Das Saarland will sie jetzt wettbewerbsfähig und fit für die Zukunft machen.
Conrad Clemens (CDU), Kultusminister von Sachsen, teilt während eines Pressetermins der Dehoga Sachsen zur Trend(Job)Tour in einem Restaurant auf dem Neumarkt einen Smoothie aus. Im Rahmen der Trend(Job)Tour treffen sich Fachkräfte aus Schule, Berufsorientierung und Arbeitswelt, um die Gastronomie und Hotellerie zu erleben
Aktion
Aktion

Mehr Azubis für Sachsen

Aktuell ist die Lage auf dem sächsischen Ausbildungsmarkt entspannt. Die Betriebe haben im letzten Jahr genügend motivierte Lehrlinge finden können. Damit das auch in Zukunft so bleibt, startet der Dehoga eine Werbekampagne für das Gastgewerbe und erneuert eine Kooperation für den Tourismusbereich.