Konkurswelle droht

Schweizer Gastronomie schlägt Alarm

Restaurant mit leeren Tischen
Das Schweizer Gastgewerbe fürchtet derzeit einen zweiten Lockdown mit leeren Lokalen, was für unzählige Betriebe der Todesstoß sein könnte. (© yes – stock.adobe.com)
Die erneuten gesetzlichen Verschärfungen im Kampf gegen Corona stellen das Schweizer Gastgewerbe an den Rand des Untergangs. Ein zweiter Lockdown wäre für die Branche verheerend.
Dienstag, 27.10.2020, 12:10 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

Der Branchenverband GastroSuisse und dessen Kantonalverbände schlagen aktuell geschlossen Alarm: „Das Gastgewerbe steht kurz vor einem Kollaps“, sagte Casimir Platzer, Präsident von GastroSuisse anlässlich einer Medienkonferenz im „Terrasse“ in Zürich. Platzer untermauerte dies sogleich auch mit den Ergebnissen einer eben durchgeführten Mitgliederbefragung, wonach fast alle Betriebe weniger Umsatz gegenüber dem Vorjahr erwirtschaftet haben. Besonders schlimm sei die Situation in großen Städten. Mehr als zwei Drittel (69.4%) der städtischen Betriebe befindet sich aufgrund der Corona-Pandemie aktuell in finanziellen Schwierigkeiten. „Beinahe der Hälfte der Betriebe droht Anfang 2021 der Konkurs“, sagte Platzer. Jeder zehnte Betrieb ist akut davon betroffen.

Dass weite Teile der Branche vor dem Aus stehen, machten auch Vertreter der Kantonalverbände deutlich, die extra nach Zürich gereist sind. Der Präsident von GastroValais etwa, André Roduit, betonte: „Unser Verband befürchtet eine Welle von Konkursen und von unseren Mitgliedern gehen alarmierende Signale aus.“ Sollte laut Roduit die Situation anhalten und die Wintersaison nicht stattfinden können, befürchtet er einen allgemeinen Zusammenbruch der Branche und eine beispiellose Krise. Auch Urs Pfäffli, Präsident von GastroZürich-City, fand klare Worte: „Restaurants in der City haben vielerorts einen Einbruch von 60 bis 70 Prozent erlitten.“ Für den Zürcher Gastronom steht daher außer Frage: „Unsere Regierung riskiert, dass die Gastronomie innert ganz kurzer Zeit frontal an die Wand gefahren wird.“ Von deutlichen Umsatzeinbußen sprach auch der Präsident von GastroSuisse: „Es brennt und die Gefahr eines Flächenbrandes über die Gesamtbranche ist riesig. Viele Unternehmen haben überhaupt keine Perspektive“, so Platzer, der anfügte, dass in der Branche große Verzweiflung bestehe.

Dramatische Lage

Im ersten Halbjahr 2020 sind gemäß den Angaben des Bundesamts für Statistik bereits 33.000 Arbeitsplätze im Gastgewerbe verloren gegangen. Und so wie es jetzt aussehe, werden laut Platzer weitere zehntausende von Arbeitsplätzen verschwinden. Dass die Lage dramatisch sei, sagte denn auch Maurus Ebneter, Präsident Wirteverband Basel-Stadt. „Wir werden eine Konkursflut und einen gewaltigen Abbau von Arbeitsplätzen erleben“, sagte Ebneter.

Solche Szenarien seien zu verhindern. Die Gastronomin und Nationalrätin Esther Friedli sagte, dass Maßnahmen ergriffen werden sollten, die primär die Verbreitung des Virus eindämmen und nicht das Wirtschaften verbieten und fast verunmöglichen. Hierzu betonte Platzer, dass die Schutzkonzepte funktionieren und man in den Restaurants auch weiterhin sicher genießen könne. Und er fand deutliche Worte: „Für die Branche braucht es unbedingt wieder Planungssicherheit und eine Perspektive“, sagte er und forderte: „Ein zweiter Lockdown muss unbedingt vermieden werden.“

Sieben Forderungen

So hielt Platzer die politischen Forderungen des Gastgewerbes am Schluss nochmals klar fest:

  • Keinen zweiten Lockdown
  • Keine Verschärfungen der behördlichen Maßnahmen, deren Wirksamkeit nicht mit Daten belegt werden können.
  • Schnelle Umsetzung von Härtefallmaßnahmen
  • Vereinfachte Bewilligungsverfahren für Außenbauten und Erweiterungen der Außensitzplätze
  • Rasche Umsetzung der Reduktion von Geschäftsmieten für die Zeit der behördlich verordneten Schließung
  • Ausbau der Kurzarbeitsentschädigung
  • Heizpilze und Heizstrahler zulassen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
Zurück zur Startseite

Weitere Themen

In Bayern wurde die Isolationsplficht für Covid-Infizierte abgeschafft.
Coronaregeln
Coronaregeln

Keine Covid-Isolation mehr in vier Bundesländern

In einigen Bundesländern wurde jüngst die Isolationspflicht für Corona-Infizierte abgeschafft. Schutzmaßnahmen müssen aber weiterhin eingehalten werden. Gibt es Sonderregeln für das Gastgewerbe?
Casimir Platzer
GastroSuisse
GastroSuisse

„Wir lehnen sowohl einen Lockdown als auch 2G+ ab“

Der Schweizer Bundesrat ließ kurz vor Jahreswechsel verlauten, dass er jederzeit weitere Verschärfungen beschließen könne. Der Branchenverband GastroSuisse hat dazu eine eindeutige Meinung und hält Teilschließung des Gastgewerbes überhaupt für sinnlos.
Ein leeres Restaurant
Neue Lockdown-Beschlüsse
Neue Lockdown-Beschlüsse

„Das ist kein Öffnungs-, sondern ein Schließungsplan!“

Die Branche zeigt sich nach den jüngsten Bund-Länder-Beschlüssen entsetzt darüber, dass Außengastronomie und Hotels erst im letzten Öffnungsschritt berücksichtigt werden.
verzweifelter Gastronom sitzt in seinem leeren Restaurant/Café/Lokal
Hilferuf der Branche
Hilferuf der Branche

„Uns geht jetzt endgültig die Luft aus!“

Mitglieder der Initiative Gastgeberkreis, darunter Gastro-Unternehmen wie die Block Gruppe, Hans im Glück oder L’Osteria, senden einen verzweifelten Hilferuf an die Politik und stellen konkrete Forderungen für den Erhalt der Branche.  
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im Bundestag
Gastronomie
Gastronomie

Corona-Hilfsgelder von Außer-Haus-Umsatz unangetastet

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat deutlich gemacht, dass Einnahmen aus dem Außer-Haus-Geschäft nicht mit staatlichen Hilfsgeldern verrechnet würden. Abschlagszahlungen sollen noch vor Ende November möglich sein.
Sessel auf einem Tisch in einem geschlossenen Lokal.
Protest
Protest

Italiens Köche gegen frühe Sperrstunde

Seit Anfang der Woche müssen in Italien alle Restaurants und Bars um 18 Uhr schließen. Für viele Betriebe ist das eine Katastrophe. Jetzt regt sich Protest unter den Köchen und Gastronomen.
Hubert Aiwanger
Außengastronomie
Außengastronomie

Aiwanger: „Wirte beim Kauf von Heizpilzen unterstützen“

Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger unterstützt den Vorschlag der deutschen Bundesregierung, Heizpilze finanziell zu fördern. Er sehe die Außengastronomie als risikolos an.