Streit um geplante Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie
Große Aufregung im Gastgewerbe: Während die Branche die von der Bundesregierung geplante Mehrwertsteuersenkung begrüßt und dadurch auf Erleichterungen hofft, wirft die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) der Branche bereits jetzt vor, dass diese die Steuersenkung nicht weitergeben werde und sie somit allein den Wirten, nicht aber dem Personal und den Kunden zugutekommen werde.
„Wer hofft, dass damit auch Schnitzel, Gulaschsuppe, Kaiserschmarrn & Co. billiger werden, der hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Gastronomen werden viele fadenscheinige Gründe finden, warum sie die 12 Prozent dringend brauchen – und zwar für den Betrieb, für sich selbst“, behauptet NGG-Chef Guido Zeitler.
Er wettert damit gegen das Gastgewerbe, lässt dabei jedoch völlig außer Acht, in welcher prekären Lage sich das Gastgewerbe bereits über einen längeren Zeitraum und aktuell sogar noch schlimmer befindet.
Umsatzverluste bleiben vom NGG unberücksichtigt
Allein in der ersten Hälfte dieses Jahres ist das Gastgewerbe noch tiefer in die Krise gerutscht, wie das Statistische Bundesamt jetzt berichtet. So sind nach vorläufigen Ergebnissen die Umsätze im Vergleich zum ohnehin schwachen Vorjahreszeitraum noch einmal um 3,7 Prozent gesunken. Dem Gastgewerbe droht damit bereits das sechste Verlustjahr in Folge!
Auch das Sommergeschäft entwickelt sich derzeit nur schwach. Nach einem kurzen Zwischenhoch zu Ostern hat sich die Lage im Juni weiter eingetrübt. Die Umsätze lagen laut Bundesamt real 5,9 Prozent unter dem Vorjahresmonat und einschließlich der Preiserhöhungen 3,4 Prozent niedriger als vor einem Jahr.
Noch einen Monat weiter voraus blickt der Nürnberger IT-Dienstleister Datev anhand von Umsatzsteuervoranmeldungen. Danach sind die Umsätze des Gastgewerbes auch im Juli 4,0 Prozent niedriger ausgefallen als ein Jahr zuvor. Datev-Chef Robert Mayr sagt: „Mit der ausbleibenden Sommerbelebung verschärft sich die wirtschaftliche Lage in der Gastronomie weiter.“

Eine Existenzfrage
Zur Flaute beigetragen hat mutmaßlich der seit Jahresbeginn 2024 wieder gültige volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Speisen, der die Preise in Kneipen und Restaurants mit nach oben getrieben hat. Eine Rückkehr dieses Satzes auf das zwischenzeitliche Niveau aus der Corona-Zeit von 7 Prozent zum Beginn des Jahres 2026 könnte der Branche wieder mehr Entlastung bringen.
Daher macht auch der Branchenverband Dehoga diese von der Union durchgesetzte Steuersenkung zur Existenzfrage, die über die Zukunft vieler Restaurants entscheide. „Nur die Rückkehr zur 7-Prozent-Mehrwertsteuer auf Speisen kann die notwendige Luft zum Atmen verschaffen“, macht Dehoga-Präsident Guido Zöllick deutlich. „Ohne die 7-Prozent-Mehrwertsteuer droht nicht nur ein Sterben gastronomischer Vielfalt, sondern auch ein spürbarer Verlust an Lebensqualität und Aufenthaltskultur in unseren Innenstädten.“
Neben den sinkenden Umsätzen weist der Dehoga-Präsident auf die zeitgleich explodierten Kosten. Personal, Lebensmittel, Energie, Getränke: Alles sei seit 2022 zwischen 27 und 35 Prozent teurer geworden. Dies belaste auch die Kunden: „Viele Gäste gehen seltener essen, wählen günstigere Gerichte, verzichten auf Vorspeisen oder das zweite Getränk“, erklärt Zöllick.
Verlierer seien Restaurants und Gasthäuser, denn die Verbraucher wichen auf Essen zur Mitnahme oder den Lebensmitteleinzelhandel aus, für die seit jeher nur 7 Prozent Mehrwertsteuer gelten. "Die Einführung der 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen ist die überfällige steuerliche Gleichbehandlung von Essen und entscheidet über die Zukunft vieler Restaurants“, betont der Dehoga-Präsident.
Für eine Zukunft der Gastronomie
Dass die Rückkehr zur 7-Prozent-Mehrwertsteuer keine Bereicherung, sondern eine Überlebenshilfe sei, betont auch Dr. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Dehoga Bayern. „Seit 2022 sind Arbeitskosten um 34 Prozent, Energiekosten um 27 Prozent und Lebensmittelpreise um 26 Prozent gestiegen. Die 7 Prozent sind kein Geschenk – sie sind für viele Betriebe der letzte Rettungsring“, erläutert der Landesgeschäftsführer.
Laut Dehoga-Umfrage wollen 73 Prozent der Betriebe mit den Entlastungen investieren, 71,5 Prozent die Bezahlung der Mitarbeiter verbessern und über 50 Prozent neue Jobs schaffen. „Wir wollen Gäste zurückgewinnen, Arbeitsplätze sichern und das Wirtshaussterben stoppen“, betont Dr. Geppert und weist damit die Kritik des NGG entschieden zurück. „Nur wenn die Betriebe überleben, gibt es auch in Zukunft faire Löhne, Vielfalt und Gastfreundschaft in Bayern.“
(dpa/SAKL)