Wahl-Talk oder Märchenstunde?
Zumindest die Location war filmreif: Die sechs Kontrahenten traten im Gloria-Filmpalast am Münchner Stachus in den Wahlkampfring. Zahlreiche Gastronomen und Hoteliers aus dem ganzen Freistaat füllten den Kinosaal 1, um dem Kräftemessen der Politiker beizuwohnen: Angetreten waren der bayerische Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer (CSU), Horst Arnold (SPD), Hubert Aiwanger (FW), Eike Hallitzky (Die Grünen), Helmut Markwort (FDP) und Franz Bergmüller (AfD).
Um schon mal vorwegzugreifen: Es wurde viel geredet, schlauer waren viele Besucher am Ende jedoch nicht, wer für das Gastgewerbe denn nun tatsächlich die beste Wahl ist. Eine Gastronomin aus dem Publikum resümierte mit einer Portion Sarkasmus: „Hier hat wohl nur einer die Wahrheit gesprochen“. Traurig, dass sie damit ausgerechnet den Abgesandten der Grünen meinte. Der nämlich wagte nicht einmal den Versuch, auf Stimmenfang bei den Gastgewerblern zu gehen. Seine klare Botschaft in vielen wichtigen Fragen für die Gastronomie, zum Beispiel die Vermeidung von Hygieneampeln und Negativlisten im Internet betreffend, lautete schlicht: Mit uns nicht! Und das war allemal gut zu wissen.
Alle anderen hielten sich offenbar an das Motto: Und wenn Sie nicht gestorben sind… dann erzählen sie uns noch heute, was sie Gutes für die Branche bewirken könnten, wenn man sie nur ließe. Das Wann und das Wie blieb auch diese Wahlkampfveranstaltung ihrem Publikum schuldig. Und insbesondere bei Franz Josef Pschierer, der dem bayerischen Landtag seit 1994 (!) als Abgeordneter angehört und seit 2008 Mitglied der Bayerischen Staatsregierung ist, fragte sich der aufmerksame Zuschauer im Publikum, warum er seiner ach so hohen Wertschätzung für mittelständische Gastronomiebetriebe bis heute nicht mehr Taten hat folgen lassen.
Problem erkannt – und jetzt?
So steht etwa die Forderung nach der Anwendung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf alle Speisen seit vielen Jahren im Raum. Gefragt, wer in der Runde dieses Anliegen unterstütze, reckte nun gerade Franz Josef Pschierer musterschülergleich seinen Arm in die Höhe, rutschte im Stuhl dabei ein ganzes Stückchen höher. Warum er es dann nicht längst gemacht habe, raunzte es ihm harsch entgegen. Der Schuldige ist von Pschierer schnell ausgemacht: Ex-Finanzminister Schäuble (CDU) in Berlin und sein Nachfolger Scholz (SPD) seien eben harte Nüsse, jammerte der Politiker. Einen Plan, wie er die Nuss knacken möchte, hatte Pschierer nicht im Gepäck – oder die Zeit war zu knapp, um diesen offenzulegen. Er musste bald weg – es ist schließlich Wahlkampf in Bayern.
Ansonsten galt: Die Herren aus der CSU und FDP, von den Freien Wählern und der AfD hatten zumindest in einem Punkt ihre Hausaufgaben gemacht: Sie wussten weitestgehend, welche Antworten die Anwesenden bei den Themen Arbeitszeitenflexibilisierung, Bürokratieabbau, Betriebsprüfungen, Wirtshaussterben etc. von ihnen erwarteten, wenn auch allzu oft der Blick für die Realität des Alltags fehlte. Hier muss als Ausnahme der AfD-Kandidat Franz Bergmüller genannt werden, der selbst Gastronom und im Vorstand des DEHOGA Bayern aktiv ist und nicht nur bei den heiklen Themen Betriebsprüfungen oder Arbeitszeitenregulierungen aus dem Nähkästchen plaudern konnte. Ein Jammer, dass gerade seine Partei wohl keine gute Alternative für Bayern darstellt.
Zwischen Realitätssinn und Wortgefechten
Ein Lichtblick in der politischen Runde war ganz klar der ehemalige Focus-Chefredakteur Helmut Markwort (FDP), der nicht nur beim Thema Arbeitszeitgesetz viel Sachverstand und Realitätssinn an den Tag legte. „Vom Prinzip der Freiheit lasse ich mich nicht abbringen. Die Arbeitszeitabrechnung pro Tag ist absolut praxisfremd!“ Er spreche sich ganz klar für eine Wochenarbeitszeit-Regelung aus. Horst Arnold von der SPD blieb derweil blass zwischen den lautstarken aber durchaus amüsanten Wortgefechten der Kandidaten Pschierer (CSU) und Aiwanger (FW). Für Unternehmer hatte der SPD-Mann nicht viel Überzeugendes mitgebracht und ein bisschen aus der Zeit gefallen wirkte er auch.
Ein Eindruck, den der just am selben Abend veröffentlichte Bayern-Trend des BR-Magazins Kontrovers untermauerte: Die Sozialdemokraten kommen hier gerade noch auf elf Prozent. Auch Franz Josef Pschierers Eile auf den nächsten Wahlkampftermin zu kommen, ist verständlich bei prognostizierten miserablen 35 Prozent für die CSU. In den Landtag könnten laut Umfrage sieben Parteien einziehen! Für die Branche bleibt dann zu hoffen, dass wenigstens einige der Herren Politiker sich im Maximilianeum noch an ihre groß bekundete Wertschätzung für die Gastronomie und Hotellerie erinnern.
Ich ende meinen Kommentar aus gegebenem Anlass mit einem Zitat des Ex-Außenministers Sigmar Gabriel (SPD): „Die Wahrheit vor der Wahl – das hätten Sie wohl gerne gehabt.” Ein Schelm, wer Böses denkt… (dm)
Wahl-Check 2018
Der Wahl-Check des DEHOGA Bayern informiert übersichtlich über die Positionen der einzelnen Parteien. Sie finden ihn im Internet unter https://www.dehoga-bayern.de/aktuelles/positionen/wahlcheck-2018/