Bürokratie

Weiterhin Hoffnung auf Ende der Bonpflicht

Ein Stapel Kassenbons
Auch zwei Monate nach Inkrafttreten der Kassenbonpflicht hagelt es Kritik und Forderungen nach Ausnahmen. (© patpitchaya/stock.adobe.com)
Seit Januar 2020 müssen Händler und Gastronomen selbst für Minimalbeträge Kassenbons ausgeben. Der Staat will damit Steuerbetrug verhindern, viele Unternehmer laufen gegen die Regelung aber weiterhin Sturm.
Montag, 09.03.2020, 09:48 Uhr, Autor: Thomas Hack

Die massive Kritik von Unternehmern zur verpflichtenden Ausgabe von Kassenbons hält auch zwei Monate nach Inkrafttreten der Regelung an. So etwa hoffen die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), dass die Kassenbonpflicht nur ein Zwischenschritt ist. „Das Ziel muss sein, dass die Unternehmen nur noch zertifizierte Kassensysteme einsetzen“, ließ UVB-Geschäftsführer Sven Weickert diesbezüglich darüber verlauten. Eine direkte Förderung vor allem kleinerer Betriebe könnte dies beschleunigen. Kritik kommt auch von den Industrie- und Handelskammern, der Friseurinnung Potsdam, dem Bäcker- und Konditor-Landesverband und vom Handelsverband Mittel- und Nordwestbrandenburg.

„Es gibt genug Instrumente, um die Steuerehrlichkeit zu prüfen“

Nach Kritik aus Wirtschafts-, Umwelt- und Verbraucherverbänden schlug Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kürzlich vor, Geschäfte des täglichen Lebens von einem Wert unter zehn Euro von der Bonpflicht zu befreien. Das jedoch lehnt Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ab. Der Geschäftsführer des Bäcker- und Konditor-Landesverbandes Berlin-Brandenburg, Johannes Kamm, unterstützt den Altmaier-Vorschlag. „Es gibt genug andere Instrumente, um die Steuerehrlichkeit der Betriebe zu prüfen“, ist er überzeugt. So könnte der Fiskus seit 2018 unangekündigte Kassenprüfungen vornehmen – sogar außerhalb der Geschäftszeiten. Die Finanzbeamten wären mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet, dürfen in Geschäftsräumen inkognito recherchieren, Testkäufe absolvieren und beobachten, ob Kassenbons ausgedruckt werden.

Brandenburg gestattet keine Freistellungen

„Der Gesetzgeber sprach 2016 selbst davon, dass rund 25 Prozent aller Kassen unter die Ausnahmeregelung fallen“, sagte Kamm weiter – eine Annahme, die durch die sehr restriktiven Auslegungsregeln des Bundesfinanzministeriums im Juni 2019 widerlegt worden seien. Tatsächlich haben die Finanzämter in Brandenburg bislang keinen einzigen Antrag auf Freistellung von der Bonpflicht stattgegeben, wie das Finanzministerium in Potsdam bestätigte. „Welche Gründe hier konkret anerkannt werden könnten, ist derzeit Gegenstand von Beratungen zwischen den Finanzverwaltungen der Länder.“

Ausnahmen bei Kleinstbeträgen gefordert

Die drei Industrie- und Handelskammern (IHK) in Brandenburg fordern sogar, dass die Belegausgabepflicht ohne Kundenwunsch umgehend aufgehoben wird. Dies müsse zumindest für Kleinstbetragsbelege gelten, erklärte die IHK-Ostbrandenburg stellvertretend für alle drei Kammern. Anders bewertet der Handelsverband Berlin-Brandenburg die Bonpflicht: Laut dem Regionalbereich Ost- und Südbrandenburg gab es weder vor noch nach deren Einführung Rückfragen der Mitgliedsunternehmen, die Kassen neu angeschafft oder modernisiert hätten. „Der Handel macht seine Hausaufgaben und schafft die notwendige Infrastruktur.“ Dagegen verwies der Bereich Mittel- und Nordwestbrandenburg auf Anträge im Bundestag zur Einschränkung der Bonpflicht und betonte, „wir hoffen noch immer, dass die Entscheidungsträger erkennen, wie unnötig diese Maßnahme ist“. (lbn/TH)

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