Liberalisierung

Arbeitszeit-Diskussion erfasst auch Gastgewerbe

Michaela Reitterer
In vielen Qualitätsbetrieben gäbe es sehr zufriedene Mitarbeiter, die in Zukunft etwas selbstbestimmter arbeiten wollen, als es bisher möglich war, ist Michaela Reitterer überzeugt. (© ÖHV)
Die Möglichkeit eines künftigen 12-Stunden-Arbeitstages in Österreich sehen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter nicht ganz unerwartet völlig unterschiedlich.
Montag, 09.07.2018, 10:31 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

Jetzt melden sich im Zuge der geplanten Arbeitszeitliberalisierung in Österreich auch Vertreter von Gastronomie, Hotellerie und Gewerkschaft zu Wort. Ab Herbst soll es ja möglich sein, bei Bedarf 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche arbeiten zu können. Allerdings kann ein Arbeitnehmer dieses auch ohne Angabe von Gründen verweigern, ohne dass er deswegen gekündigt werden darf. „Die Freiwilligkeit wird es geben. Ich habe in meinem Unternehmen Mitarbeiter, die 15, 20, 30 oder 40 Wochenstunden arbeiten wollen. Jeder wählt sich das selbst. Im Tourismus sind wir über jeden arbeitswilligen Mitarbeiter froh. Denn es gibt in der Branche 100.000 freie Jobs“, zeigt sich etwa Multi-Gastronom Toni Mörwald in einem Interview mit der Tageszeitung Kurier überzeugt. Je schneller also das Gesetz käme, umso besser sei es laut Mörwald: „Auch die Mitarbeiter wünschen sich mehr Flexibilität, denn die meisten Menschen arbeiten gerne, weil es ihnen ein ‚Flow-Gefühl‘ gibt.“

Ähnlich der Tenor der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). „Wir haben Verständnis für die Verunsicherung vieler Menschen: Die Angstmache ist auf fruchtbaren Boden gefallen, die Bilder von flächendeckenden 60-Stunden-Wochen haben sich in den Köpfen festgesetzt“, kritisiert ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer diverse Wortmeldungen der Arbeiterkammer (AK). Da werde ganz bewusst die Wahrheit verdreht. Gerade im Tourismus seien die Mitarbeiter – wie die Arbeitnehmerseite sonst so gern betont – sehr flexibel in Bezug auf die Arbeitgeber: „Das wird sich durch das neue Gesetz nicht ändern, und die Arbeitgeber wissen das.“

Von einem „lupenreinen Anschlag auf die Arbeitnehmer“ und einem „beispiellosen Lohn- und Gesundheitsraub“ spricht hingegen Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus in der Gewerkschaft vida. „Das ist ein Kniefall vor der heimischen Tourismuswirtschaft. Wann wird die Politik endlich Maßnahmen vom Tourismus einfordern, die ordentliches Arbeiten in dieser Branche für die heimischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder möglich macht? Mit den jetzt beschlossenen Regelungen werden sich die Menschen noch weiter von den Arbeitsplätzen im Tourismus entfernen.“ (Kurier/CK)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Koch bei der Arbeit und Köchin beim Ausruhen am Karfreitag
Kommentar
Kommentar

Halber Feiertag, kein Feiertag, Chaos bleibt

Mit dem Karfreitag als halbem Feiertag wurde erst eine typisch österreichische Kompromisslösung gefunden – doch plötzlich ist wieder alles anders und der Karfreitag maximal ein „individueller“ Feiertag.
Kalenderblatt Karfreitag, 19. April 2019
Halber Feiertag
Halber Feiertag

Wirtschaft kritisiert Karfreitagsregelung

Dass der Karfreitag künftig in Österreich zu einem halben Feiertag für alle werden soll, ruft Kritik von allen Seiten hervor. Auch im Tourismus spricht man von einer „massiven Belastung“.
Kellnerin trägt mehrere volle Teller an einen Tisch
Karfreitag
Karfreitag

Tourismus warnt vor Belastung durch EuGH-Urteil

Die Wirtschaftskammer Österreich befürchtet, dass ein weiterer Feiertag für viele Bebetriebe nicht verkraftbar wäre. Das mögliche Zusatzgeschäft könnte die zusätzlichen Mitarbeiterkosten nicht kompensieren.
Kellnerin verlässt mit 2 vollen Tellern die Küche
12-Stunden-Tag
12-Stunden-Tag

Tourismus gegen „haltlose Unterstellungen“

Der mögliche 12-Stunden-Tag für Arbeitnehmer lässt weiter die Wogen hochgehen. Arbeiterkammer und Gewerkschaft gegen Wirtschaftskammer und ÖHV lautet das Match, fein säuberlich entlang der Parteigrenzen.
Zwei freundliche ausländische Mitarbeiter eines Cafés
Asylproblematik
Asylproblematik

Tourismus bangt um asylsuchende Lehrlinge

Asylwerber sollen in Österreich künftig während der Dauer des Verfahrens keine Lehre mehr beginnen dürfen. Vor allem für Mangelberufe im Gastgewerbe könnte das ein Problem werden.
Besteck in einem Restaurant
Corona-Politik
Corona-Politik

NRW-Gastgewerbe pocht auf verbindliche Öffnungsperspektiven

Auch in Nordrhein-Westfalen wird seitens des Gastgewerbes der Druck auf die Politiker erhöht: Die Branche fordert klare Perspektiven und legt einen ausgefeilten Stufenplan für Öffnungen vor.
Kaffeehauskellner mit Gesichtsschild bedient eine Kundin
Unzureichender Schutz
Unzureichender Schutz

Gesichtsschilder vor dem Aus

Die Regierung in Österreich plant offenbar ein Verbot der vor allem in Handel und Gastronomie beliebten Gesichtsschilder. Eine Übergangsfrist soll es jedoch geben.
Freundesrunde in einem Restaurant
Weitere verschärfung
Weitere verschärfung

Strengere Regeln für die Gastronomie

Statt wie bis dato zehn dürfen ab Freitag in Österreich indoor nur noch maximal sechs Personen an einem Tisch sitzen, eine einheitliche frühere Sperrstunde soll es derzeit aber keine geben.