Bundesregierung

Was man über den Bundeshaushalt 2026 wissen sollte

Lars Klingbeil
Vizekanzler Lars Klingbeil will 2026 mehr Geld ausgeben als in diesem Jahr. (Foto: © picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka)
Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt. Im Bundestag geht es diese Woche um das Zahlenwerk für 2026. Der Vizekanzler beginnt mit einer Rede, die noch nachhallen könnte.
Dienstag, 23.09.2025, 14:55 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Gerade erst hat der Bundestag den Etat der Ministerien für dieses Jahr beschlossen. Jetzt schon wieder eine Haushaltswoche? Ja, die erste Debatte über das Budget für 2026. Finanzminister Lars Klingbeil hat das für eine Art Regierungserklärung genutzt, die noch nachhallen könnte. 

Der Vizekanzler und SPD-Chef stimmte die Bürger im Bundestag auf harte Zeiten mit „mutigen und teils unbequemen Entscheidungen“ der schwarz-roten Bundesregierung ein. „Es wird anstrengend, es wird herausfordernd“, sagte er. "Ich bin mir aber sicher, die Menschen in unserem Land spüren längst, dass wir weitreichende Veränderungen brauchen und dass Durchmogeln oder Zögern oder Zurücklehnen nicht funktionieren wird."

Wer am Status quo festhalte, riskiere den Verlust von wirtschaftlicher Stärke, sozialem Zusammenhalt und Vertrauen der Menschen, mahnte Klingbeil. "Deswegen ist der Status quo unser Gegner." Und es müsse mehr sein als Reformen in Trippelschritten, sagte er wohl auch an die eigenen Reihen in der SPD gerichtet. Der Paradigmenwechsel beginne mit diesem Bundeshaushalt.

Eckwerte und Konfliktstoff

Im nächsten Jahr will Klingbeil mehr Geld ausgeben als in diesem: konkret 520,5 Milliarden Euro im Kernhaushalt (2025: 502,5 Milliarden). Dazu kommen Ausgaben aus schuldenfinanzierten Sondertöpfen für die Infrastruktur und die Bundeswehr, so dass man insgesamt auf rund 630 Milliarden kommt. Einzelne seiner Ministerkollegen hätten allerdings gern noch deutlich mehr gehabt.

Klingbeil lehnte milliardenschwere Mehrforderungen zum Beispiel von Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) ab. Dessen Ministerium warnte vergangene Woche, nun drohe eine Verzögerung bei vielen Projekten zum Aus- und Neubau von Autobahnen und Bundesstraßen – dabei investiert der Bund in den nächsten Jahren in keinen Bereich so viel wie in den Verkehr. Klingbeil antwortete umgehend sinngemäß, Schnieder müsse seine Mittel eben effektiv einsetzen. 

Konfliktstoff gibt es auch bei den Ausgaben für die Kranken- und Pflegeversicherung. Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) wollte mehr Geld und warnte vor einer nochmaligen Erhöhung von Zusatzbeiträgen

Erneut Milliarden-Neuverschuldung

Klingbeil hält bisher die Hand auf der Tasche, denn schon jetzt reichen die Einnahmen des Bundes nicht aus, um alle Vorhaben zu bezahlen: Allein im Kernhaushalt sollen fast 90 Milliarden Euro Schulden gemacht werden. Dazu kommen noch Kredite aus Sondertöpfen für die Infrastruktur und die Bundeswehr, so dass letztlich Schulden von 174,3 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Höher war die Neuverschuldung des Bundes nur während der Corona-Pandemie. 

Was für die Bürger drinsteckt

Die Bundesregierung verspricht Entlastungen zum Beispiel durch eine höhere Pendlerpauschale und günstigere Energiepreise. Eine vierköpfige Familie könne um die 100 Euro pro Jahr sparen, rechnet das Finanzministerium dazu vor.

Ob durch die geplanten Steuersenkungen für die Gastronomie die Preise in Restaurants günstiger werden, ist dagegen offen. „Ich bin überzeugt: Wo Spielräume bestehen, werden unsere Gastronomen diese nutzen – für Investitionen in ihre Betriebe, in Mitarbeiter sowie auch für preisattraktive Angebote, um verlorene Gäste zurückzugewinnen“, sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges unlängst. Klar sei jedoch auch, dass die Branche ebenso wie die Verbraucher unter massiv gestiegenen Kosten für Energie, Lebensmittel und Getränke leide. Ob und in welchem Umfang Preissenkungen möglich sind, hänge daher maßgeblich von der weiteren Kostenentwicklung ab.

Der Bund steckt derweil einige Milliarden in die Stabilisierung der Kranken- und Pflegeversicherung – hier werden aber trotzdem höhere Beiträge erwartet. Gleichzeitig investiert der Bund Rekordsummen: Aus Kernhaushalt und Sondertöpfen zusammen rund 126,7 Milliarden Euro. Das Geld soll vor allem in die Verkehrsinfrastruktur, also Straßen, Schienen und Brücken fließen, aber auch in KI-Forschung, sozialen Wohnungsbau, moderne Krankenhäuser, Glasfaserkabel und Klimaschutz.

Die Bundespolizei soll 1.000 zusätzliche Polizisten bekommen, die Bundeswehr bis zu 10.000 zusätzliche Soldaten. Für die Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine sind rund 9 Milliarden Euro eingeplant.

Kritik von Opposition und Rechnungshof

Der Bundesrechnungshof hält den Haushalt für unsolide und verlangt größere Sparanstrengungen von Klingbeil und den anderen Ministern. Staatliche Kernaufgaben könnten dauerhaft nicht mehr aus den Einnahmen finanziert werden, heißt es in einem Gutachten. „Vielmehr lebt der Bund strukturell über seine Verhältnisse.“ Wer plane, fast jeden dritten Euro „auf Pump“ zu finanzieren, sei von einer soliden Finanzwirtschaft weit entfernt. Vielmehr bestehe die Gefahr einer Schuldenspirale.

Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg sagte, das nehme die Bundesregierung ernst. „Diese Kreditfinanzierung in diesem Ausmaß werden wir natürlich nicht auf Dauer leisten können“, sagte er. Deswegen müsse es Einsparungen und Strukturreformen geben bei Förderprogrammen, bei Subventionen, aber auch beim Bürgergeld oder anderen sozialen Sicherungssystemen

Die Grünen kritisieren, Schwarz-Rot habe keinen erkennbaren Plan für die Zukunft. Es werde einen "Winter der Enttäuschungen" geben, wenn die Kommunen kein zusätzliches Geld für Investitionen in Busse, Bahnen und Schiene bekämen, warnte Haushälter Sebastian Schäfer. Die Sozialversicherung müsse stabilisiert werden. „Wir brauchen Investitionen in unsere Infrastruktur, in Zukunftstechnologien, in Klimaschutz.“

AfD-Haushälter Michael Espendiller kritisierte, die Bürger hätten im Verfahren zur Haushaltsaufstellung keine Lobby und keine Stimme, „aber sie sind es, die am Ende die Rechnung bezahlen“.

Linken-Haushälter Dietmar Bartsch sagte: „Es gibt nur eines, was bei Ihnen schneller wächst als die Rüstungsausgaben, das sind die Schulden. Ihre Haushaltslöcher sind nicht Löcher wie im Schweizer Käse, da ist nur noch Loch.“ Das werde man auch nicht mit einer noch auszuhandelnden Bürgergeldreform oder Wirtschaftswachstum schließen können. Stattdessen müssten Vermögende höher besteuert werden. 

Zeitplan

Der Haushalt 2025 wurde wegen des Ampel-Bruchs mit mehrmonatiger Verspätung beschlossen und gilt letztlich nur für drei Monate. Beim Haushalt 2026 soll das nicht passieren

Das Kabinett hat Klingbeils Pläne schon gebilligt. Im Bundestag dreht der Haushalt zwei Runden: Nach der ersten Lesung in dieser Woche befassen sich die Ausschüsse mit dem Zahlenwerk. Mitte November ist dann die entscheidende Sitzung des Haushaltsausschusses, in der letzte Änderungen beschlossen werden. Daran schließt sich die zweite Haushaltswoche an, mit der Schlussabstimmung am 28. November. Wenn alles klappt, kann der Haushalt zu Jahresbeginn in Kraft treten. 

Zukunftssorgen der Bundesregierung

Größere Sorgen als der Haushalt 2026 macht Union und SPD jetzt schon der für 2027. In der Finanzplanung klafft für dieses Jahr ein Loch von 34 Milliarden Euro – so eine gewaltige Lücke musste Klingbeil zufolge noch keine Koalition jemals stopfen. Und für die Folgejahre sieht es noch schlimmer aus, unter anderem, weil dann das Sondervermögen für die Bundeswehr ausläuft und der Bund in der Corona-Krise aufgenommene Kredite tilgen muss.

„Dieses Geld müssen wir halt irgendwann zurückzahlen“, sagte Klingbeil. „Und dieses ‚irgendwann‘ war sehr lange ein sehr fernes Wort, aber ‚irgendwann‘ fängt jetzt an.“ Der Haushalt 2027 werde nur funktionieren, wenn die Lasten nicht auf einige wenige abgewälzt würden, „sondern indem wir einen Weg finden, der fair und solidarisch ist und bei dem alle, und ich betone alle, ihren Beitrag leisten werden“.

(dpa/SAKL)

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