„Die Arbeitsbedingungen sind längst nicht mehr so schlecht“

Berliner Gastronomen befürchten zukünftigen Fachkräftemangel. (Foto: © Evelyne/fotolia)
Berliner Gastronomen befürchten einen wachsenden Fachkräftemangel. (Foto: © Evelyne/fotolia)
Laut Verbandsangaben stehen den Berliner Gastronomen prinzipiell rosige Zeiten ins Haus. Sorgen bereitet vielen Wirten jedoch der bundesweit um sich greifende Personalmangel sowie ausbleibender Nachwuchs. 
Montag, 16.10.2017, 14:01 Uhr, Autor: Markus Jergler

Auch wenn die gastronomischen Betriebe in Berlin immer stärker zulegen, wachsen gleichzeitig auch die Probleme, geeignetes Fachpersonal zu finden. Eine Umfrage der deutschen Presse-Agentur ergab, dass sich diese Situation in Zukunft noch verschärfen kann, vor allem gerade wegen der guten Wachstumsaussichten.

Drei Monate, um eine Stelle zu besetzen
Um Engpässen entgegenzuwirken, setzen die Unternehmen nach eigenen Angaben auf verbesserte Arbeitsbedingungen, Quereinsteiger und das Anwerben ausländischer Fachkräfte. Bei diesen Bemühungen gibt es aber aus Gewerkschaftssicht noch viel Luft nach oben.

Die Zahl der Beschäftigten in der Branche sei in den vergangenen fünf Jahren um fast 50 Prozent gestiegen, sagte Claudia Engfeld von der Industrie- und Handelskammer zu Berlin (IHK). Bisher sei die Besetzung der Stellen eher reibungslos verlaufen, das Fachkräftepotenzial sei jedoch nahezu ausgeschöpft. Immer häufiger griffen Betriebe auf Quereinsteiger zurück, die angelernt würden. Momentan gibt es rund 55.000 Beschäftigte in dem Berufsfeld. Gerade bei Servicekräften und Köchen sei die Situation jetzt schon dramatisch, berichtete Kathrin Pabst vom Hotel- und Gaststättenverband Berlin (Dehoga). „Da braucht man im Schnitt drei Monate, um eine Stelle zu besetzen.“

Ausbildungszahlen sinken seit Jahren
Während der Personalbedarf stetig wächst, sinken seit Jahren die Ausbildungszahlen. Im Jahr 2010 gab es beispielsweise in Berlin nach Angaben der IHK noch 1759 Auszubildende, die Koch oder Köchin werden wollten; 2016 waren es nur noch 1021. Im gesamten Hotel- und Gaststättengewerbe ging die Zahl der Azubis in diesem Zeitraum um fast 2000 auf 3557 zurück. Im August standen in Berlin 226 unbesetzte Ausbildungsplätze in der Gastronomiebranche zu Buche.

Dafür machte Pabst unter anderem rückläufige Schülerzahlen, eine zunehmende Studienorientierung und die Imageprobleme der Branche verantwortlich. An den Arbeitszeiten, die unter Umständen Bewerber abschrecken könnten, könne man nichts ändern. „Die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen sind längst nicht mehr so schlecht, wie häufig proklamiert wird.“ Die Branche biete Arbeitnehmern gute Zukunftsperpektiven.

Verbessern sich die Arbeitsbedingungen?
Immer mehr Unternehmen räumen laut Pabst ihren Angestellten mehr Mitsprache bei den Dienstplänen ein, um die Work-Life-Balance zu verbessern. Als gutes Beispiel nannte sie die Veränderungen für die Angestellten im Hotel Estrel in Berlin-Neukölln. Dort habe man auch für das Gastronomie-Personal eine reguläre Fünf-Tage-Woche eingeführt, die Auszahlung von Zuschüssen ausgebaut und den Dienstplan flexibilisiert.

Sebastian Riesner von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) sieht indes nach wie vor erheblichen Nachholfbedarf in der Branche. Der Mangel an geeignetem Fachpersonal sei zwar in Berlin geringer als im Rest der Republik, doch auch er bezeichnete den Rückgang der Ausbildungszahlen als dramatisch. Trotz aller Entgeltzuwächse in den vergangenen Jahren seien die Vergütungen von Auszubildenden und Hilfskräften zu gering. Obendrein richteten sich viele Unternehmen nicht nach den Tarifverträgen. Nach wie vor werde auch versucht, den Mindestlohn zu umgehen oder bei der Abrechnung der Arbeitszeit zu tricksen, kritisierte Riesner. „Nur eine grundlegende strukturelle Veränderung der Arbeitsbedingungen kann die Attraktivität des Hotel- und Gaststättengewerbes für Arbeitnehmer wieder erhöhen.“ (lbn/MJ)

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