Brief an die Regierung

„Gastgewerbe ist die hauptbetroffene Branche der Krise“

Angela Inselkammer
Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststaettenverbandes Dehoga Bayern (hier zu Gast bei Anne Will am 15. März 2020 in Berlin). (Foto: ©picture alliance/Eventpress)
Mit einem schriftlichen Hilferuf hat sich der Dehoga Bayern an Ministerpräsident Markus Söder gewandt. Der Verband fordert ein dringendes Rettungspaket – und nicht zuletzt einen gerechteren Umgang mit der Branche.
Donnerstag, 16.04.2020, 12:40 Uhr, Autor: Kristina Presser

Der Dehoga Bayern hat sich mit einem Hilferuf an den Bayerischen Ministerpräsidenten und die bayerische Staatsregierung gewandt. Thematisiert werden darin die aktuellsten Herausforderungen, mit denen das Gastgewerbe im Rahmen der Corona-Krise konfrontiert ist – und welche Folgen sich daraus ableiten lassen. Vorausgegangen waren die am Mittwochabend vorgestellten Beschlüsse zum weiteren Verfahren während der Corona-Pandemie, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen mit den Ministerpräsidenten der Länder getroffen hatte.

In dem Schreiben, das von Dehoga-Bayern-Präsidentin Angela Inselkammer und Dr. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer, unterzeichnet wurde, macht der Verband vor allem auf die Problematik aufmerksam, „dass aus wirtschaftlicher Sicht das Gastgewerbe die hauptbetroffene Branche der Krise ist.“  Hier mussten zuerst die Betriebe schließen und werden vermutlich auch zuletzt öffnen dürfen – eine Situation, die große Sorge auslöst. „Erschwerend kommt hinzu, dass es keine Nachholeffekte gibt.

Differenzierte Betrachtung der Branche notwendig

Es sei wichtig, die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Betriebstypen bei Entscheidungen zu berücksichtigen. Dementsprechend seien auch „differenzierte Regelungen für eine sukzessive Wiedereröffnung erforderlich“, wie es in dem Hilferuf heißt. „Das Ansteckungsrisiko ist nicht in allen Betriebstypen des Gastgewerbes gleich hoch. Großveranstaltungen sind sicherlich anders einzustufen als das klassische Restaurant, Hotels, Cafés, Biergärten oder auch die ein oder andere Besprechung.“ Ohne wenn und aber müssten diese Regelungen den Gesundheitsschutz, die Bedürfnisse von Gästen und insbesondere eine wirklichkeitsnahe Umsetzung aus Sicht der Betriebe berücksichtigen. „Wir plädieren dafür, strikt medizinisch zu begründen, welche Schutznahmen beachtet werden müssen – unabhängig davon, ob sie z.B. von einem ‚Einzelhändler‘ oder einem ‚Gasthaus‘ umgesetzt werden.“

Zudem fordert der Dehoga Bayern ein sofortiges Rettungspaket, um eine Insolvenzwelle und Massenarbeitslosigkeit zu verhindern. Dieses sollte umfassen:

  • Eine reduzierte Mehrwertsteuer
    Rückwirkend zum 1. Januar sollte es einen reduzierten Mehrwertsteuersatzes von 7 Prozent für gastronomische Umsätze geben. „Zur Überwindung der Krise halten wir stabilisierende steuerliche Entlastungen für die gastgewerbliche Branche für dringend geboten.“ Nur so gäbe es eine Chance für die Betriebe, ihre Kosten trotz geringerer Umsätze zu decken und ggf. aufgenommene Kredite zu tilgen.
  • Rettungs- und Entschädigungsfonds
    Neben den steuerlichen Entlastungen bedarf es der Bildung eines Rettungs- und Entschädigungsfonds mit direkten Finanzhilfen. „Dieser muss für alle Betriebe zugänglich sein. Es darf nicht sein, dass die Gastgeber Bayerns nur mit einer hohen Verschuldung aus der Krise gehen, sollten sie sie überhaupt überstehen.“ Andere Branchen hätten in weitaus weniger dramatischen Situationen hohe staatliche Unterstützungsleistungen erhalten. Um „totale wirtschaftliche Überschuldung“ abzuwenden, müsse ein Schutzschirm über die Betriebe aufgespannt werden und Entschädigungsmaßnahmen an die Zeit des Wiederhochfahrens oder gar länger gekoppelt werden.
  • Abschlagzahlungen beim Kurzarbeitergeld und Einbindung Azubis
    Um den Schaden, den die Branche davonträgt, möglichst gering zu halten, fordert der Verband außerdem die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes für März spätestens vor der nächsten Lohn- und Gehaltsabrechnung im April. Angesichts der langen Bearbeitungszeiten durch die Antragsflut, wäre mit einer pauschalen Abschlagszahlung in Höhe von 80 Prozent beiden Seiten – Antragsstellern und -bearbeitern – geholfen. Gleichzeitig sollte Kurzarbeit auch für Auszubildende gelten. Als Vorbild nennt der Dehoga Bayern Österreich, wo auch Azubis rückwirkend zum 1. April ebenfalls mit 100 Prozent Lohnausgleich in Kurzarbeit gehen dürfen.

Zuletzt appelliert der Verband noch einmal an Ministerpräsident Söder: „Wir setzen auf Ihre Unterstützung, brauchen dringend mutmachende Signale und Perspektiven für unsere Betriebe“. In der Pressekonferenz vom 15. April 2020 hatten diese gefehlt.
(Dehoga Bayern/KP)

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