Kommentar

Erich Nagl zum Handelsblatt-Bericht über Verlängerung der reduzierten Mehrwertsteuer

Erich Nagl
ETL Adhoga-Leiter Erich Nagl (Foto: © ETL Adhoga)
Am 8. Juni 2022 berichtete das Handelsblatt von Plänen der Bundesregierung, angesichts aktueller Preissteigerungen die Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomiebranche beizubehalten. Einige Formulierungen des Beitrags sorgten jedoch für Irritationen bei engen Begleitern des Gastgewerbes. So auch bei Erich Nagl, Leiter ETL Adhoga.
Freitag, 10.06.2022, 12:21 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Zunächst einmal grundsätzliches: Handelsblatt Online lese ich regelmäßig mit großem Vergnügen und stehe dem Angebot positiv gegenüber. Im Beitrag von Korrespondent Martin Greive „Ampel will reduzierte Mehrwertsteuer für Gastronomie verlängern“ vom Mittwoch stehen allerdings drei Passagen geschrieben, die ETL Adhoga als treuer und enger Begleiter des Gastgewerbes nicht unkommentiert lassen kann. Die folgenden drei Entgegnungen möchte ich als freundlichen, aber deutlichen Hinweis im Sinne einer angemessenen Würdigung der Branche verstanden wissen.

Würdigung von handwerklicher Leistung

Bereits im ersten Satz des Handelsblatt-Artikels heißt es: „Essen gehen ist eine schöne Sache – zumindest bis die Rechnung kommt.“ Was für eine Würdigung von handwerklicher Leistung in der Küche und Dienstleistung im Service. Wer bestimmt eigentlich, was teuer und was günstig ist?

Geiz ist nicht geil, sondern ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist es. Wenn ich als Gast eine gute Zeit und gute Qualität der Bewirtung genießen möchte, dann kostet es gutes Geld. Eine Tatsache, die einem Wirtschaftsmagazin sicher nicht verborgen bleiben kann.

Auch das Gastgewerbe muss Preissteigerungen weitergeben

Nur zwei Sätze später erfährt der Leser: „Einige Gastronomen berichten von zehn-, andere sogar von 20-prozentigen Preisaufschlägen.“ Nun, das ist weder schlimm noch sensationell, sondern eine zwingende Notwendigkeit. Das Gastgewerbe kann die Preissteigerungen in der Produktion und im Großhandel nicht schlucken und muss (so wie alle anderen auch) die Preise bis zu einem gewissen Grad weitergeben.

Damit der Mensch als die kleinste wirtschaftliche Einheit nicht hinten runterfällt gibt es Gehaltsverhandlungen, eine Sozialpartnerschaft und Gesetze. Die Anhebung des Mindestlohns, um die Kaufkraft zu stärken, beträgt 22,2 Prozent – von derzeit 9,82 Euro auf 12 Euro ab dem 01. Oktober. Sehr viele Mitarbeiter im Gastgewerbe profitieren von dieser Regelung und das ist wirklich zu begrüßen.

Preissteigerungen sind zu niedrig

Eine etwas schärfere Entgegnung ringt mir dann der achte Satz des Artikels ab: „Ausgerechnet jetzt, da die Preise so stark steigen wie lange nicht mehr, dürfe keine weitere Preissteigerung auf Restaurantbesucher zukommen, heißt es in Regierungs- und Koalitionskreisen.“ Werden die Einkaufs- und Energiepreise bestehen bleiben? Ich glaube nicht und kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier Stimmung gemacht wird.

Das Gastgewerbe soll künftige Preissteigerungen nicht mehr weitergeben dürfen. Es empfiehlt sich ein regelmäßiger Blick auf den Preismonitor des Bundesamts für Statistik. Im Vergleich zu Energie und Nahrungsmitteln sind die Preissteigerungen in der Gastronomie seit 2015 moderat niedrig. Zu niedrig sogar! Darum müssen traditionelle Betriebe in diesen Zeiten schließen, weil das Gastgewerbe noch nie gut darin war, Preissteigerungen weiterzugeben.

Öffentliche Wertschätzung

Diese drei Entgegnungen sollen und können die wertvolle journalistische Arbeit des Handelsblatts nicht grundsätzlich in Frage stellen. Vielmehr geht es uns von ETL Adhoga als enger Partner des Gastgewerbes und seiner vielen hart für das Wohl ihrer Gäste und Mitarbeiter arbeitenden Akteure darum, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten darauf zu achten, der Branche die öffentliche Wertschätzung zukommen zu lassen, die sie verdient.

Es kommentierte Erich Nagl, Leiter des ETL Adhoga.

(ETL Adhoga/SAKL)

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