HOGAPAGE-Interview

Veganismus in der Gastronomie: Erich Haller gibt Tipps für eine vegane Speisekartengestaltung

Koch schält Zucchini in der Küche
Laut Erich Haller gibt es viele Sorten an Obst und Gemüse, die vegane Hauptgerichte zu köstlichen Speisen machen. (Foto: xartproduction/stock.adobe.com)
Der Veganismus ist längst kein Trend mehr, sondern hat sich in unserer Gesellschaft fest etabliert. Auch in der Gastronomie werden vegane Gerichte auf der Speisekarte immer relevanter. Im Interview mit HOGAPAGE gibt Erich Haller, Gründer und Geschäftsführer des Obsthaus Haller, Tipps, wie eine entsprechende Anpassung der Speisekarte gelingen kann. 
Mittwoch, 01.11.2023, 16:56 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

Bevor er 2012 das Obsthaus Haller gegründet hat, war Erich Haller fast zwei Jahrzehnte lang als Geschäftsführer namhafter Gastronomie- und Hotelleriebetriebe tätig und hat unter anderem den Club Platzhirsch, das Hotel Opernring und Kolariks Freizeitbetriebe geleitet. Er kennt die Anforderungen und Kundenbedürfnisse dieser Branchen dadurch wie kein anderer. 

Der Obst- und Gemüsegroßhandel wurde ihm praktisch in die Wiege gelegt, denn sein Vater Josef Haller war 50 Jahre in dieser Branche tätig und ist ein Urgestein am Wiener Großmarkt. Erich Haller und das Obsthaus sind landesweit für hochwertige Qualität und Zuverlässigkeit in der Lieferung bekannt.  

Im Interview mit HOGAPAGE spricht Erich Haller über die steigende Nachfrage nach veganen Gerichten und gibt wertvolle Einblicke in die Anpassung von Speisekarten und die Bedeutung von regionalen und saisonalen Zutaten.

Erich Halle
Erich Haller, Gründer und Geschäftsführer des Obsthaus Haller (Foto: © Obsthaus Haller)

Herr Haller, wie hat sich die Nachfrage in der Gastronomie nach veganen Gerichten in den letzten fünf Jahren verändert? 

Wir konnten bei einigen Bestandskunden ein Anstieg des Bestellvolumens um bis zu 13 Prozent verzeichnen. Das kann auf eine Veränderung des Bestellverhaltens bei den Konsumenten zurückzuführen sein, da mehr Gerichte mit Obst, Gemüse und Salaten nachgefragt und bestellt wurden.

Wie steht es um die Zukunft von Gastronomiebetrieben ohne veganes Angebot? Haben Gastronomen ohne pflanzliches Angebot noch Chancen?

Die Nachfrage nach veganer und vegetarischer Küche ist über die Grenzen hinweg klar ersichtlich. Inwiefern der Erfolg eines Gastronomiebetriebes dadurch beeinflusst wird, kann man pauschal nicht sagen. Es spielen zahlreiche Faktoren, wie etwa das Konzept, die Lage, die Kundenschicht, Öffnungszeiten und vieles mehr, mit.

Wie kann sich die Gastronomie intensiver auf pflanzliche Alternativen in ihrem Angebot einstellen bzw. vorbereiten?

Aus meiner Sicht ist eine umfassende Auseinandersetzung mit der veganen Küche und deren Vielfalt notwendig. Denn scheint man anfangs vielleicht eingeschränkt, erkennt man dann: Die Auswahl an Zutaten ist schier unendlich. Wir verkaufen beispielsweise über 300 Sorten von Obst und Gemüse – jede hat ihren ganz eigenen Geschmack und verändert die geschmackliche Richtung eines Gerichts komplett.

Welche Obst- und Gemüsesorten sind für Gastronomen unverzichtbar, wenn sie vegane Menüoptionen anbieten möchten? 

Weniger sind es einzelne Obst- und Gemüsesorten, die unverzichtbar sind – denn, wie schon gesagt, die Auswahl ist schier unendlich. Mehr kommt es auf die Regionalität und Saisonalität der Zutaten an. Meiner Meinung nach sollte hier der Fokus liegen. Dadurch können Speisekarten abwechslungsreich und nachhaltig gestaltet werden. Reifes Obst und Gemüse in der Saison zu verarbeiten bringt auch mit sich, dass Kosten gespart und Qualität verbessert werden kann.

Wie können traditionelle Hauptgerichte in ein ansprechendes veganes Angebot verwandelt werden? Welche Obst- und Gemüseerzeugnissen können dabei helfen?

Es gibt viele Sorten an Obst und Gemüse, die vegane Hauptgerichte zu köstlichen Speisen machen. Darunter zum Beispiel Hülsenfrüchte, wie Kichererbsen und Bohnen. Sie dienen als gute Alternative zu tierischen Produkten. Ebenso ist Soja aus regionalem Anbau ein Dauerbrenner in der veganen Küche. Mein persönlicher Tipp: Heimisches Obst wie Äpfel, Kirschen, Marillen oder Zwetschken in der jeweiligen Saison verarbeiten und haltbar machen. Durch natürliche Koservierungsmethoden wie Einlegen, Einmachen, Trocknen, Einfrieren oder – besonders trendig – Fermentieren hat man so ganzjährig die volle Auswahl und Vielfalt.

Welche Herausforderungen könnten Gastronomiebetriebe begegnen, wenn sie ihre Menüs auf vegan umstellen oder erweitern? Wie können sie diese Herausforderungen meistern?

Es gilt, die Akzeptanz seitens der Gäste zu gewinnen. Das kann man beispielsweise mit einer langsamen Erweiterung der veganen Gerichte erreichen. Erfahrungsgemäß ist das ein langer Prozess. Alternativ kann man sich auch gleich zu 100 Prozent auf vegane Gerichte spezialisieren und sich so dementsprechend positionieren, wie es etwa die erfolgreiche Gastronomiekette „Swing Kitchen“ macht.

Einige Gastronomen sind vielleicht unsicher, wie sie ihr Angebot mit (mehr) veganen oder vegetarischen Gerichten erweitern können. Welche Tipps haben Sie für sie?

Für eine langfristige Umstellung macht es sicherlich Sinn, einen Profi ins Boot zu holen, der umfassend und persönlich berät, da der Erfolg der Veränderung von vielen Faktoren, wie Vision, Mission, Konzept, Lage oder Öffnungszeiten, abhängt.

Einige Gastronomen könnten Bedenken hinsichtlich der Kosten haben, die mit dem Übergang zu mehr veganen Optionen verbunden sind. Welche Ratschläge können Sie in Bezug auf Preisgestaltung und Kostenmanagement geben?

Ich empfehle, Produkte in der Saison zu kaufen. Sie sind günstiger als in der Nebensaison und gleichzeitig meist auch in besserer bzw. reiferer Qualität erhältlich. Um ganzjährig seinen Gästen ein vielfältiges Angebot und Abwechslung bieten zu können, sollten dann mit dem frischen, saisonalen Obst und Gemüse Vorräte angelegt werden. Besondere Trends beim Konservieren sind aktuell das Fermentieren und Einlegen.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Haller!

(SAKL)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

PETA-Motiv mit Ricky Saward
HOGAPAGE-Interview
HOGAPAGE-Interview

Ricky Saward: „Ich versuche, die Menschen mit guter veganer Küche zum Nachdenken zu bringen“

Vegan, aber ohne erhobenen Zeigefinger! Das ist Ricky Sawards Grundeinstellung. Gemeinsam mit der Tierschutzorganisation PETA hat der Spitzenkoch ein spektakuläres Motiv entwickelt, in dem er diese zum Ausdruck bringt. Im Exklusiv-Interview mit HOGAPAGE verrät er die Hintergründe und erklärt, welche Intention er mit dem Bild verfolgt. 
Veggie-Burger
Veggie-Debatte
Veggie-Debatte

Keine Entscheidung zu EU-„Veggie-Burger“-Verbot

Veggie-Burger bleibt vorerst Veggie-Burger: EU-Unterhändler sind sich uneins, was ein Verbot der Bezeichnung angeht – nun ist die Frage, wie die Debatte weitergeht.
Veggie-Burger
Veggie-Debatte
Veggie-Debatte

Heiße Phase: Verhandlung über EU-Verbot für „Veggie-Burger“

EU-Politik auf dem Teller: Wieso ein neues Verbot pflanzlicher Produktnamen gerade Deutschlands Firmen und Kunden besonders treffen würde. Die Verhandlungen gehen in eine entscheidende Phase.
Veggie-Burger
Gutachten
Gutachten

Foodwatch: EU-Verbot für „Veggie-Burger“ wäre rechtswidrig

Foodwatch sieht das geplante EU-Verbot für Begriffe wie „Veggie-Burger“ als rechtswidrig. Die Organisation geht mit einem Gutachten kurz vor einer wichtigen Verhandlungsrunde an die Öffentlichkeit.
Veganuary
Aktionsmonat
Aktionsmonat

Veganuary 2026 in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik: So wirkt der vegane Januar

Der Veganuary gewinnt weiter an gesellschaftlicher Bedeutung: Immer mehr Menschen greifen zu pflanzlichen Alternativprodukten, Unternehmen erweitern ihre veganen Sortimente und sogar das Umweltbundesamt ist von dem Aktionsmonat überzeugt.
Ricky Saward
Gastspiel
Gastspiel

Ricky Saward bringt vegane Sterneküche auf die Malediven

Er ist Chefkoch und Partner des Seven Swans in Frankfurt – dem ersten rein veganen Sternerestaurant der Welt. Seine einzigartige, nachhaltige Philosophie hat ihn berühmt gemacht. Im Dezember zieht es den Spitzenkoch nun auf die Malediven.
Vegane Salatbowl
Ernährung
Ernährung

Veganes Essen im Gefängnis? Justiz fällt Entscheidung

Darf ein Häftling auf vegane Mahlzeiten pochen? Oder reicht es, wenn die JVA ihm vegetarische und laktosefreie Kost anbietet? Das Oberste Landesgericht in Bayern hat entschieden.
Ricky Saward
HOGAPAGE-Interview
HOGAPAGE-Interview

„Die klassische Sterne-Klientel verschwindet“– Ricky Saward über vegane Spitzengastronomie

Am 1. November ist wieder Weltvegantag. HOGAPAGE hat dies zum Anlass genommen, um mit Ricky Saward zu sprechen. Er ist Küchenchef des Seven Swans in Frankfurt – dem ersten rein veganen Sternerestaurant der Welt. Im Interview spricht der Spitzenkoch über seine Philosophie, den Weg zur rein pflanzlichen Küche, den Wandel in der Spitzengastronomie und warum Perfektion für ihn ein täglicher Antrieb bleibt.
Bundesernährungsminister Alois Rainer
Kritik
Kritik

CSU-Agrarminister Rainer warnt vor „Veggie-Burger“-Verbot

Verbraucherschützer und Wirtschaftsvertreter, aber auch Branchenverbände des Gastgewerbes lehnen ein Verbot von Begriffen wie „Veggie-Schnitzel“ ab. Auch Bundesernährungsminister Alois Rainer sieht ein solches Verbot kritisch und warnt vor den Folgen, die der Vorstoß haben könnte.