Das „Hotel der Zukunft“ braucht Veränderung!
Die klassische Hotellerie hat ausgedient und wird sich von ihrem Grundverständnis lösen müssen, um weiter bestehen zu können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der US-Beratungsfirma Doblin Deloitte, die das Ende der „Bettenhochburgen mit schlichtem Frühstücksraum“ vorhersagt. Das „Hotel der Zukunft“ werde zu einem „open space“, wo man neben dem Übernachten auch viele andere Beschäftigungen findet.
Vorreiter gibt es bereits. Hotelketten wie 25hours im deutschsprachigen Raum oder Ace in London revolutionieren mit ihren Konzepten gerade den Hotelmarkt. Ihre Räume sind offen, Grenzen verschwimmen und bieten den Gästen einen größeren Entwicklungsspielraum in der sozialen Interaktion mit der „Hotel-Gemeinschaft“.
Eine erfolgreiche Zukunft als Hotelier bedarf einer neuen Denke, die nicht nur den Übernachtungsgast, sondern auch den Menschen mit dessen Verlangen nach Unabhängigkeit einbezieht. Es lohnt sich dabei, sechs Gedankengänge stärker zu verfolgen:
1. Mittelpunkt des Stadtviertels
Hotels sollten mit Veranstaltungskonzepten Menschen aus dem Stadtviertel ins Haus holen. Stehen Veränderungen im Hotel an, kann der Hotelier somit die Nachbarschaft proaktiv informieren. Wer sein Hotel zum Mittelpunkt des Stadtteils macht, ist auf Entwicklungen im Viertel oder der Stadt besser vorbereitet. Warum sollte nicht z. B. der Koch des benachbarten Restaurants einmal in der Woche oder Monat für die Hotelgäste kochen? Regionale Erzeuger könnten ihre Produkte auf einem kleinen Bauernmarkt in einem Veranstaltungsraum präsentieren und verkaufen.
2. Vernissage im Hotel
Kunstwerke bereichern jedes Hotel. Hoteliers könnten wechselnde Ausstellungen heimischer Künstler veranstalten. Das fördert nicht nur den regionalen Kunstmarkt, sondern erweitert auch den kulturellen Horizont der Gäste.
3. Das Hotel als Marktplatz
Eine Außenbestuhlung lädt Passanten zum Verweilen ein. WLAN-Lounges oder Künstlerateliers verändern das klassische Einrichtungsbild zwischen Zimmer, Lobby und Frühstücksraum. Friseursalons, Bars, kleinere Kinosäle und Theaterbühnen locken neue Gäste an und erweitern den kulturellen Kosmos des einfachen Übernachtungsangebotes.
4. „Bäumchen wechsel Dich!“
Der Einrichtungsstil sollte kein starres Dogma verfolgen. Thematisch unterschiedlich konzipierte Zimmer verstärken das Gäste-Erlebnis und wirken auf den Gast inspirierend. Kunstgegenstände, wie Bilder oder Skulpturen, können im Hotel verkauft werden, sofern sie aus der Schmiede regionaler Künstler oder Schreiner stammen.
5. Amors Pfeil
25hours oder das Ace in London machen es vor. Sie schaffen Räume und Gelegenheiten, die eine stärkere soziale Interaktion zwischen den Gästen und dem Personal stiften. Denkbar sind auch hoteleigene Apps, die alleinreisende Gäste miteinander kommunizieren lassen. So ließen sich platonische Unternehmungen vom Hotel aus starten oder sogar neue Partnerschaften anbandeln.
6. Die Mauer muss weg!
Die bauliche Substanz eines Hotels sollte nicht auf Jahrhunderte in Stein gemeißelt sein. Gesellschaften verändern sich im 21. Jahrhundert rasend schnell. Nicht immer reagieren Hoteliers auf diesen Strukturwandel auch mit neuen Raumkonzepten. Hotelgäste präferieren heute Coworking-Räume und Lounges. Große Säle oder kleine gemütliche Ecken locken heute kaum einen Gast mehr hinter dem Ofen hervor. Wer Geschäftsreisenden hoteleigene Arbeitsplätze außerhalb des Hotels am Flughafen oder im Stadtzentrum zur Verfügung stellt, zeigt eine flexible Adaption auf die Bedürfnisse seiner Gäste. Mut zur baulichen und sozialen Veränderung ist für das „Hotel der Zukunft“ überlebenswichtig! (Neue Züricher Zeitung / FL)