„Deutsche Hotelklassifizierung auf Erfolgskurs!“
Die Sterne-Klassifizierung deutscher Hotels sorgt immer wieder für rege Diskussionen bei Hoteliers und Gästen. Dass zunehmend auch noch „Eigenklassifizierungen“ von Booking.com & Co. im Umlauf sind, stiftet oftmals zusätzlich für Verwirrung. Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer vom Hotelverband Deutschland, spricht im Rahmen eines Interviews mit HOGAPAGE über die tatsächliche Bedeutung von Hotelsternen, das Vertrauen in den Dehoga-Kriterienkatalog und fragwürdige Sterne-Algorithmen auf Buchungsplattformen.
In Deutschland ließen sich bisher etwa nur die Hälfte aller Hotels hinsichtlich einer Sterne-Einstufung klassifizieren. Aus welchen Gründen verzichten Hoteliers auf eine solche Klassifizierung? Schaden sich diese dabei nicht selbst?
Die Teilnahme an der Deutschen Hotelklassifizierung ist und bleibt freiwillig. Jeder Betrieb kann selbst entscheiden, ob er sich am Verfahren beteiligen möchte. Gut 40 Prozent der Hotels in Deutschland nutzen die Deutsche Hotelklassifizierung als Marketinginstrument und sind derzeit gültig klassifiziert. Das ist eine gute Quote. Es wird immer Hotels geben, die sich aus unterschiedlichen Gründen wie Kosten, Kriterien, Markenpolitik oder Zielgruppe nicht für die Klassifizierung entscheiden.
Für Geschäftsreisende gehört ein problemfreier Internetzugriff zu den wichtigsten Buchungskriterien, doch kostenloses Wlan gehört im Kriterienkatalog nicht zu den essentiellen Sterne-Kriterien. Entspricht das Sternesystem heute noch den Ansprüchen der Hotelgäste?
Keine Frage, ein reibungsloser Zugang zum Internet ist für die Hotelgäste heute eine Selbstverständlichkeit. Steigende Ansprüche der Reisenden finden selbstverständlich auch Niederschlag in den Kriterien der Deutschen Hotelklassifizierung. So ist ein Internetzugang im öffentlichen Bereich eines Hotels aktuell ein Mindestkriterium für ein Zwei-Sterne-Haus. Im neuen Kriterienkatalog, der in Deutschland voraussichtlich ab 2020 gilt, ist er Voraussetzung sogar für Ein-Sterne-Häuser. Wir wissen: Viele Betriebe bieten Wlan auch kostenlos an. Der DEHOGA macht den Unternehmern hier allerdings keine Vorgaben. Die Preisgestaltung ist ein hohes unternehmerisches Gut.
In Österreich wurden zum herkömmlichen Sternesystem zusätzlich noch die „Superior-Kategorien“ eingeführt, die zwischen den üblichen Sternezahlen angesiedelt sind. Wäre dies nicht auch für Deutschland ein denkbares System?
Für Spitzenbetriebe innerhalb der einzelnen Kategorien mit einem besonders hohes Maß an Dienstleistung gibt es auch in Deutschland den Begriff „Superior“ – und das seit Beginn der bundesweit einheitlichen Hotelklassifizierung. Im Übrigen gehören beide Länder zu den Gründungsmitgliedern der Hotelstars Union, die sich auf einen einheitlichen Kriterienkatalog bezieht.
Mittlerweile scheint jedes Buchungsportal seine eigenen „Sterne“ zu vergeben. Ist dies nun Irreführung oder spiegelt das sogar eher die Realität wieder, da solche „Auszeichnungen“ auf echten Hotelbewertungen basieren?
In der Regel liegen den Sternen, die viele Portale ihren Hotelkunden zuerkennen, keine einsehbaren und nachvollziehbaren Kriterien bzw. Kriterienkataloge zugrunde. Darüber hinaus vermengen sie subjektive Gästebewertungen mit Hardwarekriterien. Häufig ist zudem gar nicht sicher, ob die Sterne tatsächlich auf echten Hotelbewertungen basieren – oder auf fragwürdigen Algorithmen, siehe Fall Bräustüberl am Tegernsee. Kurzum: Die Sterne der Buchungsportale sind trotz ihrer zunehmenden Verbreitung von geringer Aussagekraft. In diesem Punkt unterscheiden sich die sogenannten Portalsterne wesentlich von den intersubjektiv vergleichbaren, offiziellen Hotelklassifizierungen der Hotelstars Union. Die Hotelsterne, die sich am Markt durchgesetzt und bewährt haben, sind und bleiben für den Gast eine verlässliche Orientierungshilfe – auch und gerade im vielstimmigen Konzert subjektiver Online-Bewertungen.
In Dubai gibt es ein sogenanntes „7-Sterne-Hotel“. Basieren solche Klassifizierungen auf reiner Willkür der Medien oder kann der Hotelgast daraus tatsächlich etwas Brauchbares ableiten?
Weltweit üblich ist die Einstufung in fünf Kategorien. Kein einziges offizielles System vergibt sechs oder noch mehr Sterne. Auch das oft zitierte Burj Al Arab in Dubai trägt offiziell nur fünf Sterne. Nach Aussagen des Hauses hat es sich selbst übrigens nie mit sieben Sternen dekoriert, sondern ein Journalist habe dies zur Eröffnung des Hauses in seinem Artikel erklärt.
Ein europaweit oder gar weltweit einheitlicher Kriterienkatalog würde für zahllose Reisende sehr viel mehr Transparenz bedeuten. Wie weit ist man von einem solchen Ziel entfernt?
Die Deutsche Hotelklassifizierung befindet sich in Europa auf Erfolgskurs. Unter dem Dach der Hotelstars Union wenden heute mit Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Griechenland, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Schweden, Schweiz, Slowenien, Tschechien und Ungarn bereits 17 Länder unseren harmonisierten Kriterienkatalog zur Hotelklassifizierung an. Wir freuen uns über diese Entwicklung. Das bedeutet für Gast und Hotelier gleichermaßen mehr Vergleichbarkeit, Transparenz und Sicherheit. Wir sind zuversichtlich, dass sich weitere Länder anschließen werden. Das ist allerdings nicht ganz einfach. Die Voraussetzungen und Klassifizierungssysteme sind zum Teil sehr verschieden. So legen zum Beispiel in Italien die Regionalparlamente die Bewertungskriterien fest. Weltweit sind die Unterschiede in den Hotelstandards, Gästeerwartungen und Bewertungssystemen naturgemäß noch größer als innerhalb Europas und kaum zu vereinheitlichen. Eine über Europa hinausreichende internationale Klassifizierung erscheint wenig sinnvoll und ist nicht unser Ziel.