Gruppenreisen waren gestern
China ist mit rund 900.000 Ankünften (+23 %) und 1,3 Millionen Nächtigungen (+ 25 %) im Jahr 2017 Österreichs wichtigster asiatischer Herkunftsmarkt mit dem größten Wachstumspotenzial. Auch von Jänner bis Juli 2018 verzeichnete Österreich mit rund 542.000 Ankünften (+ 8,2) und rund 781.000 Nächtigungen (+11,5 %) weitere Rekordwerte. „Seit 2010 hat sich das Gästevolumen aus China in Österreich verfünffacht, das ist mit großem Abstand das stärkste Wachstum aller Herkunftsmärkte“, bilanziert Petra Stolba, Geschäftsführerin der Österreich Werbung (ÖW) anlässlich des jüngsten Pressegesprächs. Aufgrund des konstant positiven Wirtschaftswachstums in China ist allen Einschätzungen und Prognosen zufolge von einem weiteren starken Anstieg chinesischer Auslandsreisen – manche Voraussagen sprechen von 200 Millionen zum Jahre 2025 – auszugehen, wovon auch Österreich profitieren würde
Neue Zielgruppen
Seit Beginn des chinesischen Auslandsreisebooms vor gut zehn Jahren war das Bild von großen Reisegruppen geprägt, die in wenigen Tagen zahlreiche Städte quer durch Europa bereisten. Seit Kurzem kristallisiert sich jedoch eine neue Zielgruppe heraus: jüngere Menschen mit hohem Bildungsgrad und gutem Einkommen aus den „1st-tier-cities“ Peking und Shanghai sowie der 120 Millionen Einwohner zählenden Region am Perlflussdelta („Greater Bay Area“). „Dieser neuen Zielgruppe geht es auf einer Europa-Reise nicht mehr vorrangig um das ‚Abarbeiten‘ von Sehenswürdigkeiten und intensiven Shopping-Touren, sondern vielmehr um das ‚Ausbrechen‘ aus dem meist sehr intensiven Leben in Chinas Megametropolen und dem Sammeln von neuen persönlichen Erfahrungen“, erklärt Emanuel Lehner-Telič, ÖW Region Manager Asien. Auf ihren Reisen mit Familie oder Freunden möchten sie sich Destinationen intensiver widmen. Dabei sind sie auf der Suche nach Kultur-, Kulinarik- sowie Naturerlebnissen oder ziehen es vor, einfach einmal ihre Seele baumeln zu lassen.
Bedeutung von Mobile Payment steigt
Auch bei der Reisebuchung zeichnet sich ein neuer Trend ab – weg von den Reisebüros hin zu individuellen Buchungen über Online-Plattformen. „Rund 80 Prozent der Reisen werden über Internet recherchiert, womit vor allem die Universal-App WeChat des Internetgiganten Tencent immer mehr an Bedeutung gewinnt. WeChat zählt derzeit täglich rund 1 Milliarde User, die sich über diese Plattform Nachrichten schicken, telefonieren, informieren, Bilder verschicken und ihr Leben in einer Timeline präsentieren. Die wahrscheinlich wichtigste Funktion von WeChat ist aber mittlerweile die Bezahlfunktion WeChat Pay. Über das Scannen des persönlichen QR-Codes kann von kleinen Snacks bis hin zu einer Reise alles bezahlt werden. WeChat Pay ist neben dem Konkurrenten Alipay des anderen chinesischen Internetriesen Alibaba die mit Abstand beliebteste Zahlungsart in China – weit vor dem Bargeld. In China sind digitale Services, die in Österreich noch nach ferner Zukunftsmusik klingen bzw. gerade in Umsetzung sind, bereits gelebte Realität. „Mobile Payment zählt zu jenen Themen, die für den Tourismusstandort Österreich von essentieller Bedeutung sind, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können“, erklärt Stolba.
Trendplattform WeChat
WeChat gewinnt für die Reisebranche immer mehr an Bedeutung, deckt sie doch mittlerweile die gesamte Customer Journey ab. So ist es möglich, sich in der App von Fotos und Videos zu einem Urlaub inspirieren zu lassen, Informationen einzuholen, die Flüge und Reisen aller großen Fluglinien bzw. Reiseanbieter sofort zu buchen und im letzten Schritt Rezensionen zu verfassen. WeChat ist also nicht nur als Marktplatz in China nicht mehr wegzudenken, auch als Werbeplattform steht die App in engem Wettbewerb mit dem klassischen Internet: Sie hat klassische Newsletter abgelöst und bietet touristischen Destinationen mit den so genannten Mini-Programmen völlig neue Marketing-Perspektiven. WeChat fungiert dabei als Plattform, auf der externe Anbieter ihre Anwendungen integrieren können. (CK)