Andrea Blegante
Foto: BdS

Nachgefragt bei Andrea Belegante, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Systemgastronomie (BdS)

Der Tarifvertrag – Win-win für Unternehmen und Beschäftigte

Nach drei harten Verhandlungsrunden konnte im Rahmen des Schlichtungsverfahrens am 3. März dieses Jahres ein neuer Entgelttarifvertrag für die Mitglieder des BdS abgeschlossen werden. Im Interview mit HOGAPAGE spricht Andrea Belegante über die Ergebnisse der Verhandlungen.

Frau Belegante, was sind für Sie die wichtigsten Punkte des neuen Entgelttarifvertrages?
Mit einer Laufzeit über fünf Jahre garantiert der Entgelttarifvertrag zunächst einmal Planungssicherheit für die Unternehmer unserer Branche und ihre rund 120.000 Beschäftigten. Er sieht eine Erhöhung der Löhne von durchschnittlich circa 5 % pro Jahr, verteilt über 54 Monate Tarifvertragslaufzeit, vor. Damit sind auch die Zeiten endgültig Vergangenheit, in denen sich unsere Branche permanent nahe am gesetzlichen Mindestlohn bewegt hat. Wir haben jetzt einen Tarifabschluss erzielt, mit dem wir uns in puncto gesetzlicher Mindestlohn nicht mehr verstecken müssen – und sollten wir wider Erwarten doch davon eingeholt werden, sieht der Tarifvertrag vor, dass wir immer 20 Cent in der Einstiegstarifgruppe drauflegen.

An welchen Stellen hätten Sie sich ein schnelleres Entgegenkommen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) gewünscht?
Die Gewerkschaft beharrte sehr lange auf ihrer Forderung nach einem Einstiegslohn von 12 Euro pro Stunde – und zwar ab sofort und in der TG 1. Irgendwann haben aber auch die Arbeitnehmervertreter einsehen müssen, dass Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, wenn sie Löhne fordern, die in der Realität von den Unternehmern schlichtweg nicht geleistet werden können. Zumindest eben nicht 28 Prozent mehr auf einen Schlag. So haben wir uns dann ja auch schließlich auf eine stufenweise Erhöhung geeinigt.

Als nach den harten Verhandlungen endlich eine Einigung erzielt werden konnte, stand Deutschland bereits kurz vor dem Corona-bedingten Lockdown. Inwiefern hat sich das auf die Verhandlungen ausgewirkt? Ist man in dieser Situation doch eher aufeinander zugegangen?
Das Corona-Virus war zum Schluss Thema in den Tarifverhandlungen, wobei weder wir noch die Vertreter der NGG oder der Schlichter damit gerechnet haben, dass sich die Situation für unsere Branche und die gesamte deutsche Wirtschaft derart zuspitzen würde. Tatsächlich haben wir aber aufgrund der unklaren Corona-Situation vereinbart, im neuen Entgelttarifvertrag ein halbes Jahr ohne Lohnerhöhungen festzuschreiben. Seit dem 1. Juli greift nun die erste Tariferhöhung.

Haben Sie Ihre Verhandlungsziele erreicht?
An dieser Stelle möchte ich einmal klarstellen, dass das Aushandeln von Tarifverträgen ja alles andere als ein Selbstzweck für uns ist. In den Verhandlungen agieren wir für die Branche und natürlich immer so, dass die überwiegend mittelständischen Mitgliedsunternehmen die erzielten Ergebnisse auch tragen können. Ich bin die Verhandlungsführerin, das ist meine Aufgabe – aber an meiner Seite in der Tarifkommission habe ich Experten als Vertreter  und Kenner der Branche, darunter auch Franchisenehmer, die ganz scharf rechnen müssen, ob bestimmte Zugeständnisse machbar sind oder nicht.

Ziel des BdS war es also, auf der einen Seite einen Tarifabschluss zu erzielen, der für alle wirtschaftlich vertretbar ist. Auf der anderen Seite waren vor allem die letzten Jahre in der Branche stark vom Arbeitskräftemangel beherrscht, der es trotz der Rekrutierung von Arbeitskräften aus Drittstaaten immer schwieriger machte, den Personalbedarf in den Restaurants zu decken. Ein maßgebliches Kriterium im Zusammenhang mit der Rekrutierung von Mitarbeitern ist naturgemäß die Höhe der (Einstiegs-­)Entlohnung. Mit dem neuen Entgelttarifvertrag bewegen wir uns eindeutig nicht mehr im Niedriglohnbereich und haben auf allen Ebenen bessere Recruiting-Chancen. Mit der zusätzlichen Kurzarbeitsregelung konnten wir unseren Mitarbeitern zudem eine Extraportion Wertschätzung zuteilwerden lassen und haben wieder einmal bewiesen, dass die Sozialpartnerschaft zwischen der  NGG und uns am Ende sehr gut funktioniert – auch wenn in der Sache selbst hart verhandelt wird.

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