Auch wenn der steinige Weg unbequemer ist, lohnt er sich. Man ist zufriedener mit sich selbst

Ricky-Saward

Um gastronomisch erfolgreich und dabei glücklich zu sein, muss man also keinesfalls einen Stern vorweisen können. »Anfangs hatte ich befürchtet, meine neue Aufgabe würde vielleicht schnell an Reiz verlieren«, erinnert sich Henkel. »Aber keineswegs, denn wir haben ein tolles Team mit jeder Menge Sterne-Erfahrung – und sicher wäre der ein oder andere Teller trotzdem einen wert!« Einen erneuten Ausflug in die Gourmet-Welt schließt Henkel dennoch nicht aus. »Vielleicht machen wir mal ein kleines Feinschmecker-Pop-up. Die Gastronomie ist schließlich immer im Wandel und man muss offen für neue Aufgaben sowie Ideen sein.« Sein Tipp für alle, die etwas Neues starten wollen: »Ich habe je nach Situation gelernt, nicht immer alles nur mit dem Verstand zu steuern, sondern vor allem auch meinem Bauchgefühl zu vertrauen.«

Dipps im Sahila
Geschafft: Julia Komp hat mit dem »Sahila« in Köln ihren Traum vom eigenen Restaurant verwirklicht ‒ auch wenn der Weg bis dahin manchmal etwas steinig war.  Foto: Melanie Bauer

Die eiserne Gastro-Lady

Was es bedeutet, ein neues Projekt zu beginnen und dabei immer wieder mit Unerwartetem konfrontiert zu werden, weiß Spitzenköchin Julia Komp nur zu gut. 2016 eroberte die damals 27-Jährige als jüngste Köchin Deutschlands einen Stern. Um ihren gastronomischen Horizont zu erweitern, ging sie drei Jahre später auf 14-monatige Weltreise und kochte dabei sowohl in Fine-Dining-Restaurants als auch in Straßenküchen. Zurück im Rheinland übernahm sie zunächst einen Posten als Küchenchefin in einem Restaurant am Mülheimer Hafen. Eine Neueröffnung mit erweitertem Gastro-Konzept war für März 2020 geplant, musste aber wegen der Corona-Krise in den Herbst verschoben werden. Dann folgte nur wenige Wochen später der zweite Lockdown. »Es war keine einfache Zeit«, erinnert sich die heute 32-Jährige. Monatelang mussten die Türen geschlossen bleiben. Komp stellte sich daher mit ambitionierten Take-away-Gerichten auf, denn sie wollte weiterhin für die Gäste präsent sein. 

Julia Komp
Foto: Melanie Bauer

Die Zeit während des Lockdowns nutzte Komp auch, um zu reflektieren, was ihr wichtig war. Denn tief in ihr schlummerte immer noch der Wunsch, ihre eigene Chefin zu sein. Die eigenen kulinarischen Ideen ohne Einschränkungen umzusetzen – der große Traum, den sie im vergangenen Jahr in die Tat umsetzte. »Es kam alles ganz schnell. Kaum hatte ich mit zwei Kollegen darüber gesprochen, dass ich mir meinen eigenen Laden wünschte, meldete sich auch schon ein anderer mit einer Idee«, berichtet Komp. 

Als das Ehepaar Medaina schließlich einen Nachfolger für ihr bekanntes Restaurant L’Accento in der Kölner Innenstadt suchte, ergriff Komp die Chance. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Yunus Özananar erstellte sie von jetzt auf gleich einen Businessplan, um bei der Bank einen Kredit zu beantragen. »Es ist schon ein gewisser Nervenkitzel dabei, auf das finanzielle Okay zu warten«, so Komp. Nach dem Startschuss war sie monatelang von Chaos umgeben: »Es war ein Kraftakt, jeden Tag von früh bis spät die Handwerker zu koordinieren. Ständig haben wir mit ungeplanten Schwierigkeiten gekämpft. Auch Corona, Lieferengpässe und den Fachkräftemangel haben wir zu spüren bekommen.«

Im Januar eröffnete Komp schließlich ihr Restaurant »Sahila«. Hier begleitet sie heute die Gäste auf eine kulinarische Reise um die Welt. Der Anspruch: Küche auf Sterneniveau. Unter einem Dach befindet sich außerdem Komps Mezze Bar Yu*lia, die orientalisch angehaucht ist und ein zusätzliches Angebot für die Spitzengastronomie darstellt. 

Auf den ersten Blick wundert man sich möglicherweise, warum Komp ausgerechnet die orientalische Küche liebt. »Aber schon als Kind bin ich mit meiner Oma regelmäßig in den Urlaub nach Tunesien gefahren«, erzählt Komp. Seitdem hat der Orient sie gepackt: Auch Marokko, den Oman und Dubai hat sie bereits begeistert bereist. 

Mit dem Sahila und Yu*lia hat sich die Spitzenköchin nun ihren großen Traum erfüllt. »Das ging schon recht schnell und etwas mehr Planungszeit wäre rückblickend schön gewesen. Heute aber bin ich stolz auf das Geleistete in den letzten Monaten. Ich kann nur jedem raten: Legt los, wenn ihr was bewegen wollt, und glaubt an eure Ziele!«

Weitere Artikel aus der Rubrik Titelstory

Artikel teilen:
Überzeugt? Dann holen Sie sich das HOGAPAGE Magazin nach Hause!