Im Guide Michelin ist es sowohl mit Bib Gourmand als auch mit einem Grünen Stern gelistet. Hier hatte man schon vor der Pandemie die Idee, einen Kompostierer im Gastraum aufzustellen. Nach 24 Stunden sind Lebensmittelabfälle kompostiert – natürlich ohne Geruchsentwicklung, denn die Gäste sitzen um das dunkle Ungetüm herum. Beim Gehen erhält man dann ein Goody-Bag, befüllt mit Nolla-Kompost – was für eine coole Marketingidee!

Große Oper
Das Restaurant Palace in Helsinki ist seit 1952 in Betrieb. Das Mobiliar ist puristisches Midcentury, für das Designfans viel Geld zahlen würden. Die runden Tische sind großzügig gestellt, das Restaurant ist weitläufig – so geht Luxus, den man nicht gleich sieht, aber als überaus beruhigend wahrnimmt. Die Lage am Wasser mit Blick auf Helsinkis Inselwelt ist unbezahlbar. Es war hier, wo 1987 der erste Michelin-Stern des Landes landete. Nach drei Jahrzehnten ohne Stern steht das Palace nun seit drei Jahren unter der Ägide von Eero Vottonen und hat sich als Zweisterner neu aufgestellt.
Vottonen hat ein besonderes Händchen für Nordisches aus dem Meer. Er fermentiert Chilis, verarbeitet Kampotpfeffer und wirft den Grill an, um seine Gerichte mühelos und aromatisch perfekt austariert schmecken zu lassen. Asiatische Kampfaromen wie Dashi und Ponzu bekommen einen eleganten Dreh, Letzteres mit Stachelbeeren, Ersteres mit jungem Kombu, der im Frühling einjährig geerntet wird. Auch die Dessertkarte ist außergewöhnlich – von Steinpilz mit Karamell über Brombeere mit Pu-Erh-Tee bis zur Schokoladenpraline mit Grillpilz.

Von der Fähre ins Vergnügen
Große Oper auch in Tallinn, im 180°: „Beim ersten Stern kamen zu 65 Prozent noch die Locals zu uns“, erinnert sich Chefkoch Matthias Diether. „Seit dem zweiten Stern sind es zu 60 Prozent Ausländer, mal aus Hongkong, mal aus Shanghai.“ Diether, ein Berliner Urgestein, hat überdies die estnischen Köche zu Macarons inspiriert. „Sie nennen mich alle Papi“, sagt er in einer Mischung aus Stolz und Verlegenheit.
Sein Restaurant ist ein klassischer Gourmettempel, Marmorverkleidung inklusive. Drumherum zeigt sich alles ein wenig zugänglicher, da haben sich im neu erschlossenen Trendviertel Noblessner Bierbars, Cafés und Bistros angesiedelt, auch die eingangs erwähnte Sauna. Wenige Gehminuten entfernt liegt der Wasserflugzeughafen, der auf jeden Fall die Erkundung lohnt.