Die Branche der Chancen
Inklusionshotels sind in: Hier leisten Menschen mit Handicap wertvolle Arbeit
von Wolfgang BubliesDie genannten Hotels sind ganz besondere Adressen in Deutschland. Sie zählen zu mehr als 40 Gastbetrieben, die dem Embrace-Verbund angeschlossen sind – ein Verbund, der dem Namen nach umarmen will. Was genau dahinter steckt? Eine Plattform für inklusive Hotels. Am Anfang, so kann man im Internet nachlesen, stand die Idee, die Welt nicht in Gewinner und Verlierer zu teilen, was bis heute der Leitgedanke ist, „denn der Embrace-Hotelverbund zieht seine Kraft aus der Vielfalt“.
Gemeint sei die Vielfalt der Mitarbeiter wie auch die der Gastbetriebe, vom Stadthotel bis zum Tagungshaus mit Wellness. Jeder bringe eigene Stärken und Ideen ein. Wie die hier zufällig ausgewählten Beispiele zeigen, stehen oft Menschen mit Handicap im Mittelpunkt, die als Stütze im Hotel dienen, aber auch ihrerseits profitieren. Solche Betriebe setzen, wie etwa Jochen Mack vom Trägerverein des Augsburger „einsmehr“-Hotels sagt, den Gedanken um, Menschen mit Beeinträchtigungen im Arbeitsmarkt unterzubringen – und sie fair zu bezahlen, statt sie im behüteten Umfeld einer Werkstatt für ein Taschengeld zu beschäftigen.
Branchenübliche Preise und Leistungen
Das „einsmehr“-Hotel mit 73 Zimmern, das seit 2020 besteht, führen Sandra und Raúl Huerga Kanzler. Die Hotelbetriebswirtin und der Volkswirt mit Zusatzausbildungen im Hotelfach haben ihr Metier von der Pike auf gelernt und bringen Erfahrungen aus hochkarätigen Hotels mit. Sie hatten sich in Augsburg schon bei der Konzeption, beim Aufbau und der Eröffnung des Hotels engagiert. Dass es sich beim „einsmehr“ um einen Inklusionsbetrieb handelt, ist auf den ersten Blick nicht erkennbar – bewusst, wie das Direktoren-Ehepaar erläutert. Nein, man verstecke keinen Mitarbeiter und man könne den Hintergrund des Projekts auf der Homepage nachlesen.
Aber: „Wir verlangen branchenübliche Preise, dafür bekommen unsere Gäste auch branchenübliche Leistung.“ Oder sogar etwas mehr: Wenn es etwa um Bewertungen im Internet geht, liege das Hotel speziell beim Thema Freundlichkeit des Personals stets sehr weit vorne. Dass es in der Belegschaft passt, zeige die sehr geringe Fluktuation. Und dass die Qualität stimmt, sichert die hauseigene Akademie, um die sich Jochen Mack schwerpunktmäßig kümmert. Hier werden Mitarbeiter gezielt geschult – ein Weg, den auch andere Inklusionseinrichtungen gehen, wenn übliche Berufswege, etwa aufgrund von Beeinträchtigungen, versperrt bleiben.
Hotelbetreiber ist übrigens die Down-Syndrom-Initiative „einsmehr“ – „einsmehr“ deshalb, weil Menschen mit Down-Syndrom in jeder Körperzelle ein Chromosom mehr haben als üblich. Dass hinter Inklusionshotels Sozialverbände oder Hilfsorganisationen, Initiativen und Vereine stehen, kommt häufiger vor.
Inklusion trifft auf Professionalität
Hoffmanns Höfe (Stichworte: Tagungen, Hotel, Büros, Gastronomie) in Frankfurt-Niederrad, ein Steinwurf entfernt vom Main, sind ein Projekt der 2006 gegründeten gemeinnützigen Gesellschaft für Bildung und berufliche Integration. Wesentliches Ziel ist es, für Menschen mit Handicap Chancen zur beruflichen Qualifikation und Arbeitsplätze zu schaffen. Das Evangelische Johannesstift hat sein Tagungs- und Seminarhotel Christophorus in die eigene Parklandschaft gebettet – umgeben vom Spandauer Forst und der Havel in Berlin. Das Bett+Bike-zertifizierte Hotel mit Tagungszentrum ist ein Integrationsbetrieb, der auch Arbeitsplätze für Menschen mit Beeinträchtigung bietet, zu deren Erhalt natürlich die Hotel- und Tagungsgäste beitragen.